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Re: Hülse und Waffe zerstört
Verfasst: So 4. Aug 2024, 15:40
von Kapselpracker
AndyA hat geschrieben: So 4. Aug 2024, 10:08
...
Ist das mit 45ACP möglich? Ich habe nur 9mm Luger geladen, da ist aber x2 Pulvermenge mehr, wie der Platz in der Hülse, praktisch unmöglich.
...
Wenn man hier im Forum querliest welche Abenteuerlichen Ladungen so manche mit einen falsch gewählten Pulver produzieren, dann darf dich nichts mehr wundern.
Bei der .45 Hülse, 200gr Geschoss und dem beliebten N320 bist schon bei knapp über 50% Ladedichte am Druck maximum.
Aber stimmt schon, es gibt sichere Ladungen wo es unmöglich ist eine Doppelladung zu produzieren.
Re: Hülse und Waffe zerstört
Verfasst: So 4. Aug 2024, 16:04
von titan
Das Problem ist weniger der Druck (für.45 ACP natürlich schon) sondern die Hülse bzw die Wandstärke. Prinzipiell sind 4000bar kein exotischer Gasdruck für bspw Gewehrpatronen. Für FFW Kaliber jedoch schon, weil sie nicht dafür konstruiert wurden.
Für Messing ist grundsätzlich Gasdruck unterhalb der Festigkeitsgrenzen zu verkraften. Danach fließt der Werkstoff. Also Gasdruck in bar /10 muss immer kleiner sein als die Streckgrenze des Material (rein drucktechnisch betrachtet). Mit einem Gürtel wie zB. Bei der .300Win Mag kann man natürlich konstruktive Schwächen, wie zb durch die Ausziehrille beseitigen. Dann reißt die Hülse halt irgendwann oberhalb ab. Auch nicht optimal.
Anhand den Fotos sieht man jedenfalls einen lupenreinen Abriss. Ich tippe daher nicht zwangsläufig auf Überladung. Bei (wie oft?) wiedergeladenem Material kann Materialermüdung auch schon mal vorkommen.
Oder beides.
Re: Hülse und Waffe zerstört
Verfasst: So 4. Aug 2024, 17:47
von Laubmasta_reloaded
Da hat wohl einfach die Hülse im hinteren, nicht unterstützten Bereich nachgegeben.
Daraufhin pfiff wohl Gasdruck zur Seite raus und hat den Schlitten aufgerissen.
Kann auch bei einer normalen Ladung passieren. Muss keine Ladefehler gewesen sein.
Tippe da eher auf einen Materialfehler bei der Hülse.
Re: Hülse und Waffe zerstört
Verfasst: So 4. Aug 2024, 21:19
von ekeith44
Doppelladung! Das kann bei der .45 ACP leicht passieren! 5,2 grs N320 ist sicher nicht unterladen! Hab ich lange geschossen und hat problemlos funktioniert!
Re: Hülse und Waffe zerstört
Verfasst: So 4. Aug 2024, 21:20
von impact
Ich kann mich auch irren, aber wenn die Waffe sauber verriegelt und nur die Hülse bei einer normalen Ladung nachgibt, dann bläst der entweichende Überdruck doch maximal das Magazin aus der Waffe und baucht vielleicht das Griffstück ein bisschen auf und reisst vl die Griffschalen ab. Bei einem Polymergriffstück kann das sicher auch springen. Aber der entweichende Druck hat doch keine richtige Angriffsfläche um Stahl zu zerreissen, der geht einfach nur den Weg des geringsten Widerstandes und baut keine annähernd so großen Kräfte auf wie wenn er sich in der Kammer abgedichtet aufbaut und die Hülse als Kolben zum wirken zB gegen den Stoßboden hat.
Wenn es wirklich sowas wie den Verschluss zerreist, der sicher dem 1.5fachen normaldruck standhalten sollte, dann wird wohl die Kraft auf den Stoßboden viel zu hoch gewesen sein?! Also am ehesten noch Überladung? ...oder Materialfehler (beim Verschluss)
Weiß man, in welche Richtung der ausgerissene Teil der Hülse orientiert war? Nach unten, links, oder rechts?
Re: Hülse und Waffe zerstört
Verfasst: So 4. Aug 2024, 22:08
von Norander
Bei einer Doppelladung ist der Druck nicht einfach doppelt so groß sondern ein Vielfaches davon. Da kann es den Verschluss durchaus so zerlegen.
Re: Hülse und Waffe zerstört
Verfasst: So 4. Aug 2024, 23:50
von titan
Die Kräfte auf die Verschlussinnenseitenwand bei einem Gasaustritt sind völlig andere als bei einer Verriegelung des Laufs. Die Patronenhülse stützt sich am Stoßboden ab. Die Laufverrigelung muss nur jene Kräfte in Richtung Mündung aufnehmen, die durch die Geschossreibung, die Einpresskraft, die Normalkraft durch den Gasdruck auf alle sich verjüngenden Flächen in Laufrichtung, und die Rückwärtbeschleunigung des Schlittens entstehen.
Das bedeutet, dass bei einem sich nicht bewegenden Schlitten (fix eingespannt, oder verhältnismäßig hohe Masse), und einem ideal zylindrischem Lauf ohne Übergangskonus oder Einpresserfordernis (glatter Lauf) nur mehr die Reibkräfte verriegelungstechnisch wirksam werden. Jedenfalls ist mit Ausnahme von Flaschenhalspatronen die Verriegelungskraft immer nur ein Bruchteil der Stoßbodenkraft. Der überwiegende Rest der Kraft im Kräftegleichgewicht wirkt als Treibkraft auf das Geachoss.
Aus diesem Grund hat die Glock 25 keinen Verriegelungskamm (.380 Auto) sondern nur eine 45 Grad Schräge. Die Hülsenliderung (Reibung im Patronenlager) hält den Lauf ausreichend fest.
Bei einem Gasaustritt wirkt der Druck jedenfalls auf alle Flächen normal zur Oberfläche und führt zur entsprechenden Beanspruchung der Teile und eben auch Sprengung.
Re: Hülse und Waffe zerstört
Verfasst: So 25. Aug 2024, 20:03
von rider650
Hab ich so schon live gesehen bei einer 1911er in .45 mit selbstgeladener Munition.
Da hats den Schlitten in der Mitte zerrissen und der vordere Teil ist die Bahn hinunter geflogen.
Unsere Vermutung war damals auch unterladen, aber genau rausgefunden haben wir es nie.
Am Lauf hat man nix gesehen.
Re: Hülse und Waffe zerstört
Verfasst: Mo 26. Aug 2024, 09:52
von the_law
rider650 hat geschrieben: So 25. Aug 2024, 20:03
Hab ich so schon live gesehen bei einer 1911er in .45 mit selbstgeladener Munition.
...
Passiert nicht nur mit Selbstgestopfter...
Mir hats eine Llama 1911er zerlegt, mit PMC .45iger Fabriksladung, frisch aus der Schachtel, Pistole war auch fast neu.
Vom Auswurffenster bis nach vorne ans Korn die Oberseite vom Verschluss gerissen, die ventilierte Visierschiene fehlte zur Hälfte, ein länglicher Abdruck von dem Stück war rechts an der Schallschutzplatte der Standbegrenzung zu finden...
Die Hülse steckte im Lager, an der Ausziehrille fehlte ein Stück...
Hatte Pistole und Munition vormittags gekauft und Nachmittags entsorgt...Das Gesicht vom Händler war etwa so

Re: Hülse und Waffe zerstört
Verfasst: Mo 26. Aug 2024, 12:23
von WernerBrösel
rider650 hat geschrieben: So 25. Aug 2024, 20:03
Hab ich so schon live gesehen bei einer 1911er in .45 mit selbstgeladener Munition.
Da hats den Schlitten in der Mitte zerrissen und der vordere Teil ist die Bahn hinunter geflogen.
Unsere Vermutung war damals auch unterladen, aber genau rausgefunden haben wir es nie.
Am Lauf hat man nix gesehen.
Ist unterladen der neue Begriff für's Überladen?Kann man eine Patrone mit einem schnellen Pulver überhaupt unterladen?

Re: Hülse und Waffe zerstört
Verfasst: Mo 26. Aug 2024, 15:12
von Poirot
titan hat geschrieben: So 4. Aug 2024, 23:50
Bei einem Gasaustritt wirkt der Druck jedenfalls auf alle Flächen normal zur Oberfläche und führt zur entsprechenden Beanspruchung der Teile und eben auch Sprengung.
Wenn es ein geschlossenes System wäre.
Bei einer Pistole ist aber alles offen. Der Druck fällt sofort ab. Keine Beanspruchung die zu einer Sprengung führt.
Falsches Material und falsche Wärmebehandlung führen zu solchen Rissen. Oft zu hoher Schwefelgehalt um die Zerspanungskosten zu reduzieren.
Re: Hülse und Waffe zerstört
Verfasst: Mo 26. Aug 2024, 20:45
von FdH22
WernerBrösel hat geschrieben: Mo 26. Aug 2024, 12:23
Ist unterladen der neue Begriff für's Überladen?Kann man eine Patrone mit einem schnellen Pulver überhaupt unterladen?
Ja kann man.
Da war vor x-Jahren ein Test in einer US-Zeitschrift.
Die habe da ganze Versuchsreihen zum Thema SEE (secondary explosion effect)
Unter ganz besonderen Umständen kann der Druck soweit ansteigen das es zur Waffensprengung führt
In einigen Reloading manuals wird auch geraten niemals unter die empfohlene Mindestladung zu gehen.
Die schreiben das nicht ohne Grund.

Re: Hülse und Waffe zerstört
Verfasst: Di 27. Aug 2024, 10:08
von impact
War das SEE nicht eher im Zusammenhang mit langsamen Gewehrpulvern?
Ich bilde mir ein, das Problem ist, dass bei zu wenig Pulver in der Hülse die Pulversäule nicht mehr von hinten angezündet wird, wo eine konstante und verhältnismäßig geringe Oberfläche zu brennen beginnt. Stattdessen, wird das Pulver großflächig über die gesamte Hülsenlänge entzündet, da es ja recht viel luftraum übrig lässt und je nach Lage eventuell nur die untere Hälfte der liegenden Hülse ausfüllt, wodurch eine viel größere Menge an Pulver angezündet werden kann und der Druckverlauf rapider nach oben geht.
Tendenziell wird das schlimmer je länger die Hülse, je langsamer das Pulver und je geringer die Ladedichte.
Aber bei schneller Pistolenpulvern und sehr kurzen Brennräumen (zum Durchmesser) sollte das Risiko eher gering sein.
Mit ein bisschen Recherche findet man zt sogar recht interessante Reduzierladungen mit N310 aus Gewehrhülsen, die aber in aktuellen Manuals scheinbar nicht mehr angeführt werden... möglicherweise um vor Nachahmung mit langsamen Pulvern zu schützen...
Re: Hülse und Waffe zerstört
Verfasst: Di 27. Aug 2024, 11:29
von FdH22
impact hat geschrieben: Di 27. Aug 2024, 10:08
War das SEE nicht eher im Zusammenhang mit langsamen Gewehrpulvern?
Ich bilde mir ein, das Problem ist, dass bei zu wenig Pulver in der Hülse die Pulversäule nicht mehr von hinten angezündet wird, wo eine konstante und verhältnismäßig geringe Oberfläche zu brennen beginnt. Stattdessen, wird das Pulver großflächig über die gesamte Hülsenlänge entzündet, da es ja recht viel luftraum übrig lässt und je nach Lage eventuell nur die untere Hälfte der liegenden Hülse ausfüllt, wodurch eine viel größere Menge an Pulver angezündet werden kann und der Druckverlauf rapider nach oben geht.
Tendenziell wird das schlimmer je länger die Hülse, je langsamer das Pulver und je geringer die Ladedichte.
Aber bei schneller Pistolenpulvern und sehr kurzen Brennräumen (zum Durchmesser) sollte das Risiko eher gering sein.
Mit ein bisschen Recherche findet man zt sogar recht interessante Reduzierladungen mit N310 aus Gewehrhülsen, die aber in aktuellen Manuals scheinbar nicht mehr angeführt werden... möglicherweise um vor Nachahmung mit langsamen Pulvern zu schützen...
Das SEE bei (langen) Gewehrhülsen auftritt ist wahrscheinlicher als bei rel. kurzen FFW-Hülsen.
Im von mir zitierten Artikel (den ich leider nicht mehr finde) schafften es die Tester in einer .38Spez Hülse einen so hohen Überdruck zu erzeugen das eine Waffensprengung möglich gewesen wäre.
Einen Revolver haben´s natürlich bewusst nicht zerstört, aber der SAAMI-Messlauf zeigte deutlich überhöhten Druck hat es aber natürlich ausgehalten.
Für mich jedenfalls ein Grund auf solche Experimente zu verzichten.

Re: Hülse und Waffe zerstört
Verfasst: Di 27. Aug 2024, 12:01
von impact
Gut, aber bei ner .45 ist man ja eher gewohnt, dass die Ladedichten recht niedrig sind, sodass sogar Doppelladungen schon ein Thema werden. Und man hat ja auch schon fast einen kugeligen Brennraum.
Bei ner .38er, oder gar .357er dagegen, die eher lang ubd dünn sind, und wo vielleicht auch mit langsamerem "Magnumpulver" gearbeitet wird, da hätt ich schon mehr Bedenken.