Schwarz: Meine Anfrage
Dunkelrot: die dazugehörigen Antworten des BMI
Sehr geehrte Damen und Herren,
da mit heutigen Datum zwei Waffenverbotszonen in Wien in Kraft getreten sind und laut §98 SPG die Bundesregierung mit dem Vollzug des Sicherheitspolizeigesetzes betraut ist, darf ich Sie um die Beantwortung, gegebenenfalls um Weiterleitung der damit in Zusammenhang stehenden Fragen ersuchen, da durch unterschiedliche Rechtsansichten und teilweise großen Interpretationsmöglichkeiten eine gewisse Rechtsunsicherheit herrscht:
Sehr geehrter Herr xxx,
unter Bezugnahme auf Ihre schriftliche Anfrage vom 01.02.2019 darf Ihnen seitens des Bundesministeriums für Inneres zu den Punkten 1-5 folgende Rechtsansicht übermittelt werden.
1. §36b Abs.1 SPG erster Satz führt an, dass das Betreten von Waffenverbotszonen mit „Waffen oder mit Gegenständen, die geeignet sind und den Umständen nach dazu dienen, Gewalt gegen Menschen oder Sachen auszuüben“ untersagt ist. Handelt es sich hierbei um Waffen im Sinne des §1 WaffG? Wenn nicht, welche Gegenstände sind als „Waffen“ von dieser Definition erfasst?
Zu Punkt 1) Bei den gemäß § 36b Sicherheitspolizeigesetz (SPG) zitierten Waffen handelt es sich um Waffen im Sinne des § 1 Waffengesetzes (WaffG 1996).
2. §36b Abs.1 SPG zweiter Satz führt an, dass das oben genannte Verbot nicht „nicht für Menschen, die Waffen in Ausübung ihres Berufes oder auf Grund einer waffenrechtlichen Bewilligung an diesen Orten mit sich führen“ gilt. Hier fällt auf, dass der im ersten Satz verwendeten Satzteil „Gegenstände, die geeignet sind und den Umständen nach dazu dienen, Gewalt gegen Menschen oder Sachen auszuüben“ nicht mehr angeführt wird. Bedeutet dies, dass Personen, die aufgrund ihres Berufes oder aufgrund einer waffenrechtlichen Bewilligung zwar Schusswaffen mit sich führen dürfen, aber das Mitführen von „Gegenständen, die geeignet sind und den Umständen nach dazu dienen, Gewalt gegen Menschen oder Sachen auszuüben“, beispielsweise Golfschläger oder ähnliches, untersagt ist?
Zu Punkt 2) § 36b SPG umfasst zusätzlich zu den Waffen nach dem Waffengesetz auch Gegenstände, die geeignet sind und den Umständen nach dazu dienen, Gewalt gegen Menschen oder Sachen auszuüben.
Die bloße Eignung dieses Gegenstandes macht aus dem Gegenstand aber noch keinen verbotenen Gegenstand im Sinne des § 36b SPG. Um als verbotener Gegenstand qualifiziert zu werden, ist es erforderlich, dass dieser Gegenstand in der Regel zweckwidrig verwendet wird. Dazu sind auch die Umstände, unter denen der Gegenstand mitgeführt wird, zu betrachten. So wird das Mitführen eines Hammers für einen offensichtlich als solchen zu erkennenden Monteur, der im Wirkungsbereich einer Waffenverbotszone Arbeiten vorzunehmen hat, unter diesen Umständen nicht als verboten zu qualifizieren sein. Anders verhält es sich, wenn ein Teilnehmer einer Demonstration einen Hammer im Wirkungsbereich einer Waffenverbotszone bei sich hat.
Es muss also eine nachvollziehbare Legitimation, die eine zweckwidrige Verwendung ausschließt, für das Mitführen eines solchen Gegenstandes gegeben sein, um vom Verbot ausgenommen zu sein. Dafür kann aber keine allgemeingültige Regel aufgestellt werden. Es wird im Einzelfall, insbesondere unter genauer Betrachtung der Umstände des Mitführens (so auch im Fall des von Ihnen zitierten Golfschlägers), zu beurteilen sein, ob ein Gegenstand als verboten zu erklären ist oder nicht.
3. §36b Abs.1 SPG zweiter Satz führt an, dass das oben genannte Verbot nicht „nicht für Menschen, die Waffen in Ausübung ihres Berufes oder auf Grund einer waffenrechtlichen Bewilligung an diesen Orten mit sich führen“ gilt. Welche waffenrechtlichen Bewilligungen sind hier gemeint, handelt es sich hierbei sowohl um einen Waffenpass als auch um eine Waffenbesitzkarte? Sind Registrierungsbestätigungen, die im Zuge einer Registrierung einer Waffe der Kategorien C und D gemäß §33 WaffG dem Besitzer ausgehändigt werden, ebenso vom Begriff „waffenrechtliche Bewilligung“ umfasst? Wie können Besitzer von Waffen der Kategorie D, welche vor August 2012 erworben wurden und daher bislang nicht der Registrierungspflicht des §33 WaffG unterworfen waren (Altbestandsregelung) eine waffenrechtliche Bewilligung vorweisen, reicht hier die Behauptung die betreffende Flinte bereits vor dem Stichtag der Altbestandsregelung besessen zu haben?
Ist es Inhabern eines Waffenpasses und Inhabern einer Waffenbesitzkarte erlaubt eine andere Waffe als eine Schusswaffe, beispielsweise ein Einhandmesser oder Taschenmesser, mit sich zu führen?
Zu Punkt 3) Von den waffenrechtlichen Bewilligungen gemäß § 36b SPG sind der Waffenpass, eine Waffenbesitzkarte als auch eine entsprechende waffenrechtliche Bewilligung gemäß § 28 Abs. 6 WaffG umfasst. Die von Ihnen zitierten Registrierungsbestätigungen werden gemäß § 33 WaffG bei einem im Bundesgebiet niedergelassenen, dazu ermächtigten Gewerbetreibenden, der zum Handel mit nichtmilitärischen Schusswaffen berechtigt ist, und nicht von einer Behörde ausgestellt. Sie gelten daher nicht als waffenrechtliche Bewilligungen.
Zu den Waffen der Kategorie D darf ausgeführt werden, dass Schusswaffen der Kategorie C und D hinsichtlich des Erwerbs und des Besitzes keiner Bewilligungspflicht unterliegen, sondern müssen solche Schusswaffen im Zentralen Waffenregister registriert werden. Die Registrierungsbestätigung stellt nach Rechtsansicht des Bundesministeriums für Inneres keine behördliche Bewilligung dar.
In Zusammenhang mit Ihrer Frage, ob es Inhabern eines Waffenpasses und Inhabern einer Waffenbesitzkarte erlaubt ist eine andere Waffe als eine Schusswaffe, beispielsweise ein Einhandmesser oder Taschenmesser, mit sich zu führen, darf ausgeführt werden, dass dies grundsätzlich nicht erlaubt ist. Da den Inhabern eines Waffenpasses oder einer Waffenbesitzkarte das Führen von Schusswaffen innerhalb einer Waffenverbotszone von Gesetzes wegen erlaubt ist, § 36b SPG aber hinsichtlich anderer Waffen für Inhaber einer waffenrechtlichen Bewilligung keine Aussage trifft, wird angemerkt, dass Inhaber dieser waffenrechtlichen Bewilligungen im Rahmen der Antragsstellung einer Verlässlichkeitsprüfung im Sinne des § 8 WaffG unterliegen und dieser Umstand sowie die Umstände unter denen das verbotene Mitführen einer Waffe in einer Waffenverbotszone festgestellt wurde, in einem allfälligen Verwaltungsstrafverfahren zu beurteilen sein werden.
4. §36b Abs.1 SPG zweiter Satz führt an, dass das oben genannte Verbot nicht „nicht für Menschen, die Waffen in Ausübung ihres Berufes oder auf Grund einer waffenrechtlichen Bewilligung an diesen Orten mit sich führen“ gilt. Handelt es sich beim Begriff „mit sich führen“ um das Führen einer Schusswaffe im Sinne des §7 Abs.1 WaffG welches den Besitz eines Waffenpasses bedingt, oder ist auch der Transport einer Schusswaffe im Sinne des §7 Abs.3 WaffG erlaubt?
Anmerkung: Sollte lediglich das Führen einer Schusswaffe iSd §7 Abs.1 WaffG für Waffenpassinhaber gestattet sein, würde das bedeuten, dass jeder Inhaber einer Waffenbesitzkarte, welcher seinen Wohnort innerhalb einer Waffenverbotszone hat, seine Wohnung nicht mehr mit seiner Schusswaffe betreten oder verlassen kann, um beispielsweise an Bewerben teilzunehmen. Weiters würde dies für einen Waffenhändler oder einem Büchsenmacher, welcher sein Geschäftslokal innerhalb einer Waffenverbotszone hat bedeuten, dass ihm die Geschäftsgrundlage entzogen werden würde, da, ausgenommen Waffenpassinhaber, keine Kunden mehr, welche ihre Schusswaffen lediglich transportieren, das Geschäftslokal betreten oder verlassen könnten.
Zu Punkt 4) Ja, dahingehend darf auf § 7 Abs. 1 WaffG verwiesen werden: Eine Waffe führt, wer sie bei sich hat. Für die rechtliche Definition des „Nicht-Führens“ einer Waffe sind die in den Absätzen 2 und 3 angeführten Ausnahmen maßgeblich.
5. §36b Abs.2 SPG führt an, dass „Verordnungen nach Abs. 1 die genaue Bezeichnung der Verbotszone in ihrem örtlichen und zeitlichen Umfang und den Tag ihres In-Kraft-Tretens zu enthalten haben. Ihre Wirksamkeit ist auf bestimmte Zeiträume einzuschränken, wenn dies die Gewährleistung eines wirksamen Schutzes nicht beeinträchtigt“, folglich wird hier den Sicherheitsbehörden eine den Zeitraum betreffende, als auch den Ort betreffende Verordnungsermächtigung erteilt.
Die Landespolizeidirektion Wien führt in den von ihr erlassenen Verordnungen (
https://www.polizei.gv.at/lpd_docs/1378.pdf und
https://www.polizei.gv.at/lpd_docs/1377.pdf) unter §1 Abs.3 an, dass Reizgas-/Pfeffersprays vom Verbot ausgenommen sind falls diese zu Selbstverteidigungszwecken mitgeführt werden, allerdings kann ich dem §36b SPG keine Verordnungsermächtigung entnehmen, dass die Sicherheitsbehörden bestimmte Waffen vom Verbot auszunehmen berechtigt wären. Ich darf daher die Frage nach der Rechtsgrundlage stellen, auf deren Basis die Landespolizeidirektion Wien diese Ausnahme für Reizgas-/Pfeffersprays formuliert hat, ebenso die damit verbundene Frage nach den Rechtsfolgen für den Inhaber einer waffenrechtlichen Bewilligung, welcher aufgrund einer Verordnung, die ohne der entsprechenden Verordnungsermächtigung Reizgas-/Pfeffersprays vom Verbot ausnimmt, gegen §36b SPG verstößt.
Zu Punkt 5) Die Verordnungsermächtigung des § 36b Abs. 1 SPG ermächtigt die Sicherheitsbehörden Waffenverbotszonen zu erlassen und das Betreten solcher Orte mit Waffen oder mit Gegenständen, die geeignet sind und den Umständen nach dazu dienen, Gewalt gegen Menschen oder Sachen auszuüben, zu verbieten.
Die Landespolizeidirektion Wien ist der Ansicht, dass es im Rahmen des verfassungsrechtlich gebotenen Verhältnismäßigkeitsprinzips zulässig ist, diese Ermächtigung nicht in vollem Umfang auszuschöpfen, und hat daher bestimmte Selbstverteidigungswaffen, die vor allem von Frauen mitgeführt werden, davon ausgenommen. Aus Sicht der Landespolizeidirektion Wien ist diese Ausnahme sachlich vertretbar und steht im Einklang mit den Inhalten einschlägiger Sicherheitsberatungen in Bezug auf das Notwehrrecht.