Expat hat geschrieben:Damit ich das richtig verstehe:
Die nahen Verwandten eines homosexuellen Menschen sind fruchtbarer als jene eines heterosexuellen Menschen?
Gibt es dafür wissenschaftliche Belege? Bin einfach nur neugierig.
Die nahen weiblichen Verwandten, genaugenommen die nahen weiblichen Verwandten der Mutter. Homosexualität wird anscheinend auf dem X-Chromosom transportiert. Ich finde das eigentliche Paper im Moment nicht, aber hier sind ein paar der damaligen Medienberichte:
http://www.newscientist.com/article/dn6 ... ained.htmlhttp://www.newscientist.com/article/dn1 ... ation.htmlhttp://news.bbc.co.uk/2/hi/health/3735668.stmhttp://www.medicalnewstoday.com/articles/111843.phpZum Politischen: Dass Homosexualität genetisch bedingt oder zumindest stark mitbedingt ist, kann spätestens seit den Sechzigern als erwiesen gelten. Der Öffentlichkeit ist das nicht so bewusst, weil es einflussreiche Gruppen gibt, die nicht aufhören, hier Zweifel konstruieren zu wollen. Auf der einen Seite steht das konservative politische Christentum (Katholiken, Southern Baptists etc.): wenn Homosexualität eine angeborene Eigenschaft und keine freie Entscheidung ist, kann sie auch schwer eine Sünde sein. Am anderen Ende hast du den Feminismus: wenn Homosexualität eine angeborene Eigenschaft und keine Folge von Sozialisierung ist, muss der ganze soziale Konstruktivismus aufgeben werden, der gesamte Gemüsegarten von Judith Butler bis Alice Schwarzer. Katastrophe!
Den meisten Schwulen sind diese Forschungsergebnisse insgesamt deshalb durchaus recht ("Wir können's nicht ändern, Pech für euch, bäh!"), die politische Lesbenszene reagiert bis heute eher gereizt.
Zum Mechanismus, ganz kurz und extrem vereinfacht: Homosexuelle haben (no na) weniger Kinder als Heterosexuelle, warum nimmt die Frequenz des fraglichen Allels bzw. der fraglichen Kombination von Allelen also nicht von Generation zu Generation ab? Jedes deiner Kinder erbt die Hälfte deiner Allele, jedes deiner Geschwister teilt sich etwa die Hälfte seiner Allele mit dir. Jedes deiner Enkelkinder, jeder deiner Neffen und jede deiner Nichten hat damit in weiterer Folge ein Viertel deiner Allele. Wenn du dein Leben für das zweier Kinder oder zweier Geschwister oder vierer Enkelkinder oder vierer Neffen und Nichten opferst, hat dein durchschnittliches Allel insgesamt nicht an Frequenz verloren. Wenn du auf ein eigenens Kind verzichtest, deine Mutter dafür aber zwei Kinder mehr oder deine Schwestern insgesamt vier Kinder mehr oder deine Nichten insgesamt vier Kinder mehr haben, hat dein durchschnittliches Allel ebenfalls nicht an Frequenz eingebüsst.
Wenn du ein bisschen Statistik betreibst (darin sind wir gut), siehst du, dass die Fertilität deiner nächsten weiblichen Verwandten so in etwa um ein Drittel steigen sollte, wenn du folgenfrei schwul sein können willst und sich bei den Männern nichts ändert. Sieh an, das ist genau das, worauf das Experiment hindeutet.
Ob die Fertilität in letzter Konsequenz steigt, weil die fraglichen Frauen höhere Östrogenspiegel haben, oder weil sie geringere maternale Mortalität haben, oder deshalb, weil der sensible kinderlose Onkel mit der vielen Tagesfreizeit die Kinderbetreuung so viel einfacher macht, das wissen wir derzeit nicht. Es ist für die Evolution uninteressant, ob der Erfolg einer Abweichung am Ende mehr auf biochemische oder mehr auf soziologische Effekte zurück geht. Allele müssen sich für ihren Erfolg nicht rechtfertigen.
Die Antwort, die ich hier skizziert habe, ist vielleicht nicht die volle und vielleicht noch nicht die endgültige Antwort. Sie ist aber wahrscheinlich die beste Annhäherung, die wir heute haben. Hier ist noch ein brauchbarer und einermaßen aktueller Überblick zu diesem Thema, der auch andere Meinungen und (möglicherweise) abweichende Forschungsergebnisse berücksichtigt:
http://en.wikipedia.org/wiki/Biology_an ... rientationO ja richtig, wir sind im Ärgerthread, momentito por favor...
ALLES IST SCHEISSE. ICH HASSE WEIHNACHTEN.