Vergil hat geschrieben:Keine Ahnung, in welchem Land ihr lebt, aber der Artikel ist auf mein Österreich bezogen nicht mal so falsch.
Bei uns fügt sich die Bevölkerung mit Waffen mehr Schaden selbst zu, als abgewehrt wird.
[...] Alle Angaben sind persönliche Erfahrungen der letzten paar Jahre und betreffen meine Dienstorte:
Schusswaffengebräuche durch Aggressoren gegenüber ihnen nicht bekannten Bürgern: null
Verbrechen, welche verhindert wurden, weil ein Zivilist eine Waffe dabei hatte oder einsetzte: null
Und das weißt Du woher? Glaubst wirklich, dass ein Waffenbesitzer/träger (geschweige denn Pfefferspray-Träger) das meldet, wenn er einen Angreifer abwehrt und es fällt kein Schuss bzw. wurde niemand verletzt - wie eben in 99% der Notwehrfälle üblich. Ist zwar traurig, weil die pro-Waffen Seite dadurch weniger Argumente hat, aber de facto riskiert dann niemand Scherereien. Woher wir das wissen? Gut erforscht ist das für die USA. Hierzulande wird ja von Experten und Journalisten meist bezweifelt, dass sich der durchschnittliche Bürger mit Schusswaffen effektiv wehren könnte. Viel eher weist man auf die furchtbaren Amokläufe hin- so singulär sie vor dem Hintergrund der gesamten Gewaltkriminalität auch sein mögen. Die Argumentation lautet, gibt es keinen generalpräventiven Schutzeffekt, ist die private Schusswaffe sehr viel eher Bedrohung als von Nutzen für die gesamte Gesellschaft- und damit striktestens zu reglementieren oder gar abzuschaffen.
In den USA wurden zu Beginn der 80er Jahre ähnliche Zweifel laut. Allerdings indizierten fünfzehn unabhängig voneinander veranstaltete Studien und Befragungen, etwa von Peter Harts Research Assoziates, Gallup und den- bei Gott nicht waffenfreundlichen- Los Angeles Times und CNN/Time, dass die ca. 80 000 vom U.S. Department of Justice gemeldeten Fälle bewaffneter Notwehr viel zu kurz griffen. Die Ergebnisse dieser teils nicht wissenschaftlichen Befragungen variierten zwischen 1,1 und 2,7 Millionen Fällen. Interessant ist, dass auch eine Gefängnisbefragung durch die Kriminologen Wright und Rossi 1982 ergab, dass 34% der befragten Kriminellen die Erfahrung hinter sich hatten durch einen bewaffneten Zivilisten "verscheucht, angeschossen oder gefangen genommen" worden zu sein- in die letzten beiden Kategorien fiel nur 1% der Befragten [siehe: James D. Wright, Peter H. Rossi, Armed and Considered Dangerous A Survey of Felons and Their Firearms (New York 1986).]. Die Indizien, dass es eine enorme Dunkelziffer bewaffneten Selbstschutzes von Zivilisten gab, häuften sich also (übrigens ist die Dunkelziffer bei Vergewaltigungsdelikten etwa 33 mal höher als die Angaben des US-Justizministeriums).
1993 beschlossen die Kriminlogen Gary Kleck und Marc Gertz das "National Self- Defense Survey" auf wissenschaftlicher Basis durchzuführen. Dazu wurden 4977 anonyme Telephoninterviews (Auswahl per Zufallsgenerator) in 48 Staaten durchgeführt (alle die mit Meinungsforschung vertraut sind wissen, daß zB. Gallup regelmäßig Umfragedaten auf wenigen hundert Samples basierend veröffentlicht- mit erstaunlicher Präzision). 4977 erwachsene AmerikanerInnnen wurden befragt ob sie in den vergangenen fünf Jahren bzw. im vergangenen Jahr eine Schusswaffe zum Selbstschutz oder zum Schutz anderer nutzten, wobei Fälle in Polizei und Militär und gegen Tiere ausgeschlossen wurden. Danach wurden genau die Umstände erfragt. 1.125% der Befragten bejahten die Frage und lieferten auch genaue Informationen zu den Umständen (26 Fälle wurden aufgrund von ungenauen Angaben zu den Umständen ausgeschlossen), was hochgerechnet auf die Population der USA 2.2 bis 2.5 Millionen Fälle privaten Schusswaffengebrauchs gegen Kriminelle ergibt.
In den USA gibt es heute in 49% oder 47.6 Millionen Haushalten eine Schusswaffe, 93 Millionen Erwachsene leben in diesen Haushalten. Demnach haben in einem Jahr 3% der Personen mit Zugang zu Schusswaffen eine Schusswaffe zum Schutz gegen Verbrecher verwendet. In nur 24% wurde die Waffe abgefeuert, in nur 8% dieser Fälle der Angreifer auch verletzt. 37% der Fälle passierten im Heim des Opfers. In nur 5.5% der Fälle wurde das Opfer verletzt- daher gibt es keinen Grund zur Annahme Kriminelle würden bewaffnete Opfer mit ungleich mehr Gewalt angreifen (die Gewalteskalationstheorie). Don B. Kates hat zudem in einer breiten Analyse festgestellt, dass Kriminalitätsopfer, die sich fügten, dreimal häufiger verletzt wurden als jene, die mit Schußwaffen Widerstand leisteten [Don B. Kates, The Value of Civilian Arms Possession As Deterrent To Crime Or Defense Against Crime. In: American Journal of Criminal Law (1991) v.18, 113-167.]
Dies gab sogar der rabiate anti-gun Kriminologe Marvin Wolfgang zu:
Can it be true that about two million instances occur each year in which a gun was used as a defensive measure against crime? It is hard to believe. Yet, it is hard to challenge the data collected. We do not have contrary evidence. The National Crime Victim Survey does not directly contravene this latest survey, nor do the Mauser and Hart studies. ...
Nevertheless, the methodological soundness of the current Kleck and Gertz study is clear. I cannot further debate it. ...
The Kleck and Gertz study impresses me for the caution the authors exercise and the elaborate nuances they examine methodologically. I do not like their conclusions that having a gun can be useful, but I cannot fault their methodology. They have tried earnestly to meet all objections in advance and have done exceedingly well.
--- Marvin E. Wofgang, "A Tribute to a View I Have Opposed," Journal of Criminal Law and Criminology 1995, Vol. 86 No. 1.
Allerdings ist einzuräumen, dass die Mordkriminalität in einigen Bundesstaaten der USA deutlich höher ist als in Europa. Die Verfügbarkeit von Waffen kann allerdings nicht die Ursache dafür sein, dies lässt sich an der Mordrate der US-Bürger japanischer Abstammung zeigen. Obwohl sie denselben Zugang zu Schusswaffen genießen, werden in diesem Umfeld in etwa so wenig Morde begangen wie in Japan. Dagegen befindet sich die Rate der Hispanios nur wenig unter dem Niveau der
Mutterländer und die innerstädtische afroamerikanische Community hat ein gewaltiges Problem mit Gang- bzw. Schusswaffenkriminalität.
Primitiver Rassismus ist hier definitiv fehl am Platz, doch dürften kulturelle und vor allem sozio-ökonomische Faktoren nicht ganz unwesentlich sein. Die rapide fallenden Raten- sowohl an Unfällen wie auch an Gewalttaten - bei stetig steigender Anzahl der legalen Waffenträger belegen, dass die US-Justiz die wahre Ursache der hohen Mordrate, nämlich habituelle Gewalttäter im einschlägigen Milieu, endlich erfolgreich bekämpft. In Großbritannien versucht man dagegen nur die Tatmittel- vom Messer über den Bierkrug bis zur Schusswaffe- aus der Gesellschaft zu entfernen und wird dafür mit horrenden Zuwachsraten bei Gewalt- und Schußwaffendelikten „belohnt“.
Eine kleine Gruppe brandgefährlicher Täter kann jedoch in allen Milieus und in allen Ländern angetroffen werden. Sie sind auch die einzigen, die keinerlei Hemmungen haben andere Menschen zu verletzten oder zu töten. In der Regel handelt es sich bei dieser Soziopathen genannten Spezies Krimineller um recht intelligente Individuen, die es schaffen ihre Vortaten zu verbergen- von daher schlägt bei ihnen meist auch jede Spezialprävention fehl. Ihnen fehlt jede Empathie für ihre Mitwesen, sie begehen Gewalttaten einfach aus der Lust am Quälen anderer. Sie über das Waffengesetz von ihren Tatwerkzeugen fernzuhalten, ist eine Illusion, die nur mehr in Europa gepflegt wird.
In den USA hat man dagegen längst erkannt, dass der Staat neben der Bereitstellung der Exekutive moralisch verpflichtet ist, seinen Bürgern den bestmöglichen Selbstschutz gegen diese Unmenschen zu ermöglichen. Der Realitätssinn jenseits des großen Teiches ist eben noch nicht völlig ideologisch verblendet. Man begreift, dass der Staat die Bürger nicht immer und überall effektiv schützen kann und gesteht ihm deshalb zu das immer noch effektivste Abwehrmittel bei sich zu haben. Nur in einem Gefängnis gibt es solch kurze Reaktionszeiten der Behörden wie es sich die Waffengegner wünschen.
Der ganz normale Familienvater, der nie auffällig wurde und plötzlich ausflippt und seine Familie auslöscht, gilt dagegen unter US-Kriminologen wie Psychologen als Mythos. Trägt er eine Waffe und ist trainiert im Umgang mit ihr, wird er nur für einen zum unkalkulierbaren Risiko- den Kriminellen. Zu ungewiss ist der Ausgang eines Shoot-outs.
Gewöhnliche Gewaltkriminelle sind in der Regel Opportunisten u Kretins, die sich nur die Schwächsten herauspicken. Zu dumm für sie, wenn sie sich nicht mehr sicher sein können, wer schwach ist und wer nicht. Frauen, ältere und kranke Menschen sind dann keine so logischen Ziele mehr wie in den gründlich entwaffneten Staaten Europas. Kriminelle brauchen in der Regel auch keine Schusswaffen, da reicht der Baseballschläger, die Stahlkappenschuhe oder einfach die zerbrochene Bierflasche. Wer eine Waffe braucht, um zumindest die Option auf Widerstand zu haben, ist der normale Bürger.
Können Kriminelle nicht mehr sagen, wer bewaffnet ist und wer nicht, weichen sie auf risikolosere Taten aus statt mit mehr Brutalität zu agieren. Diese Verlagerung von Gewalttaten zu konfrontationslosen Vermögensdelikten belegen sämtliche US Studien zum Thema.
Spätestens seit der Veröffentlichung der offiziellen US-Zahlen, wonach, seit Einführung des Rechtes auf das Tragen der Schusswaffe (concealed carry permit), in nahezu jedem US-Bundesstaat die Anzahl der Schusswechsel wie der Tötungen mit Schusswaffe um bis zu 30% sank, steht fest: Otto-Normalwaffenträger agiert auch bewaffnet extrem vorsichtig. Aufgrund dieser Erkenntnis liberalisierte Bundesstaat auf Bundesstaat sein Waffenrecht. Das geschah nicht etwa aus Ratlosigkeit oder Dummheit, wie die europäischen Kommentatoren meinen, sondern einfach weil die Fakten objektiv gewürdigt wurden. War es 1986 noch umgekehrt, sind heute jene US-Bundesstaaten, die ihren Bürgern nicht das Recht Waffen zu tragen einräumen, bzw. es nur Prominenten und Reichen einräumen, in der absoluten Minderzahl.

Das Modell concealed carry permit könnte zudem noch viel mehr sein als das Anliegen besorgter Bürger, nämlich der Schlüssel zum Modell einer sicheren postmodernen Gesellschaft. Seit den 70er Jahren wurde versucht Sicherheit mit immer mehr Technologie herzustellen, die eine immer größere Anzahl von Bürgern überwachen sollte. Der uniformierte Exekutivbeamte, der in seinem Bezirk nach dem Richtigen sieht, wurde als Kostenfaktor so weit wie möglich eingespart. Lauschangriff und Rasterfahndung, über Kamerasysteme flächendeckend überwachte Städte sollten ihn ersetzen. In London, dessen Gewaltkriminalität trotz Überwachung boomt, hat sich jedoch gezeigt, dass Kriminelle simple Maßnahmen treffen, wie etwa die Anfahrtszeit der Exekutive einzukalkulieren, oder sich zu gegen eine Identifizierung durch Kameras zu vermummen. Der Staat produziert so meist nur eine Sicherheit ex post- also stets im Nachhinein. Betrachtet man die Gewaltkriminalitätsentwicklung im best überwachten London, ist klar: kein Delikt wurde dadurch verhindert, keinem Opfer blieb unsägliches Leid erspart.
Wollte man also eine Handlungsanweisung für einen zukünftigen Innenminister verfassen, stellt sich die Alternative zum Überwachungsstaat eigentlich recht einfach dar. Gefragt wäre eine kluge Mischung aus US-amerikanischen und europäischen Ansätzen, als da wären: Geld in die Hand nehmen und die Grundversorgung mit dem „kleinen“ Exekutivbeamten vom Wachzimmer nebenan sicherstellen, denn er ist derjenige der in den Augen der Bürger eine Sicherheit produziert, die kein Kamerasystem bieten kann. Weiters gilt es soziale Mindeststandards zu sichern um das Heranwachsen einer Schicht Krimineller zu verhindern, die nichts mehr zu verlieren haben und in einer Sphäre von Gewalt und Elend sozialisiert wurden. Jeder Cent in den Sozialstaat ist hier gut investiert- sind doch die Kosten für ein einziges Opfer Gewaltkrimineller enorm- vom Leid ganz zu schweigen.
Gefragt wäre weiters eine Justiz, die mutig genug ist habituellen Gewaltkriminellen nach drei Gewaltdelikten keine Rute mehr ins Fenster zu stellen sondern sie, im Sinne der Spezialprävention, endgültig aus der Gesellschaft fernzuhalten. Das harsche Ahnden von "Einsteigerdelikten" wie etwa Tierquälerei- von der wir heute wissen, dass sie u.a. integraler Bestandteil der Entwicklung soziopathischer Mörder ist- wäre ein weiterer Eckpunkt. Schließlich würde die Erlassung eines liberalen Waffenrechts, das die Waffen-Tragegenehmigung für jeden Unbescholtenen ab 21, vorsieht, die oben genannten positiven Effekte bescheren.
Erstere Maßnahmen würden die Vermögenskriminalität eindämmen, während letztere dafür sorgen würden, dass Soziopathen schon recht früh in ihrer „Karriere“ lebenslang hinter Gittern wandern würden bzw. ihnen der Bürger nicht wehrlos gegenübersteht.