Und weil ich grad Zeit hab...
Die Stabilitätsbedenken bzw Überschall vs. Unterschallmunitiondiskussion betreffend:
Um es kurz zusammenzufassen: ich würd mir nicht den Kopf darüber zerbrechen, und durchaus auch Überschallsorten testen. Präzisionsprobleme von denen rühren, meiner Meuning nach, eher daher, dass sie teilweise eher für kurze Läufe ausgelegt sind, bzw ihre Aufgabe eher möglichst viel Druck zum Repetieren von Halbautomaten zu erzeugen ist, was möglicherweise auf Kosten eines möglichst regelmäßigen Abbrands geht. Außenballistische Effekte spielen da vermutlich eine untergeordnete Rolle.
Die Turbulenzen bei Schallgeschwindigkeit, von welchen hier auf einer der ersten Seiten die Rede war, treten nicht wirklich plötzlich auf, sondern kommen allmählich. Wenn das Geschoss also Schallgeschwindigkeit erreicht, wird es nicht plötzlich herumgerissen, sondern er erfährt auch schon im Nahbereich dieser Geschwindigkeit erhöhten Luftwiderstand. Das lässt sich recht gut mit dem CD, dem Drag Coefficient (oder zu deutsch: ein Wert, welcher den Luftwiderstandstand, in Abhängigkeit der Fluggeschwindigkeit, beschreibt) veranschaulichen:

Hier sieht man auf der y-Achse den CD, den Luftwiderstand also, und auf der x-Achse die Geschwindigkeit in Mach (1Mach = Schallgeschw. ~ 340m/sek )
Man erkennt, dass der Luftwiderstand im Unterschallbereich relativ gering ist (CD um 0.125 herum), und dann bei ca Mach 0.8-0.9 erst langsam, und dann recht steil zu steigen beginnt. Es ist allerdings, wie gesagt, keine extrem abrupte Steigerung, sondern erstreckt sich über einen Geschwindigkeitsbereich von Mach 0.8 (~270m/sek) bis Mach 1,2 (~410m/sek).
Selbst die gängigsten Subsonic oder Standard Velocity Laborierungen liegen also in diesem Bereich, in dem das Geschoss anfängt erhöhten Luftwiderstand, durch die sich ankündigende, oder bereist teilweise einsetzende, Kompression der Luft, zu erfahren. Man kann ihn also nicht mit Subsonic oder SV Munition umgehen. Bestenfalls etwas reduzieren.
Über diesen Bereich hinaus nimmt der Luftwiderstand dann langsam wieder ab, erreicht aber nicht mehr den niedrigen Wert des Unterschallbereichs, da sich die Komprimierung der Luft/ "durchbrechen der Schallmauer" ja im Luftwiderstand niederschlagan muss.
Diese Kurvenform varriiert je nach Geschossform. Die hier abgebildete würde eher ein Geschoss mit langer Spitze und Boattail beschreiben, die kurzen, runden .22lr Stummel haben eine "weichere" Kurve, also noch längere Übergänge und keinen so spitzen Hochpunkt.
Auch spielt es eine Rolle, ob das Geschoss mit dem G1 oder G7 Standard beschrieben wird. Aber die grundlegende Kurvenform wäre sehr ähnlich.
am Rande:
Das G1 bzw G7 Standard ist übrigens nichts anderes als ein Referenzgeschoss, welches, zur Aufnahme sämtlicher außenballistischen Daten, zig mal testgeschossen wurde, und in Tabellen oder Graphen zusammengefasst wurde. Mit der Angabe eines BCs, für die Berechnung von Flugbahnen, wird dann das gewählte Modell so hingebogen, dass es dem Geschoss für welches man die Berechnung braucht gleicht. Damit erspart man sich extremst (rechen)aufwändige Simulationen um tatsächliche ballistische Daten berechnen zu müssen, und kann mit recht einfachen Programmen und Logarithmen Geschossflüge berechnen/annähern. Das geht übrigens extrem präzise innerhalb gewisser Grenzen. (Geschossform darf nicht zu sehr von der des Referenzgeschosses abweichen, Geschwindigkeitsbereich sollte um die 1 bis 3 Mach liegen) Vorraussetzung ist die genaue Eingabe/Kenntnis aller notwendigen Parameter. Und daran scheitert es oft, da die von Herstellern angegebenen BCs oft etwas utopisch sind und die Mündungsgeschwindigkeiten aus Messungen kommen sollten. Alle anderen Parameter sind eigentlich recht einfach zu handhaben. (eventuel noch darauf achten nicht G1 mit G7 BCs zu vertauschen).
Und was die Stabilität angeht:
Geschosse können tatsächlich beim Wiedereintritt in den Unterschallbereich destabilisiert werden. Das ganze ist aber keine Frage der gyroskopischen Stabilität. Wenn ein Geschoss einmal ausreichend Drallstabilisiert wird, bleibt es das auch. (Kollisionen mal ausgenommen ^^) Fakt ist sogar, dass die Drallstabilität mit zunehmender Flugzeit/distanz sogar ZUNIMMT. Grund dafür ist, dass die Rotationsgeschwindigkeit des Geschosses nicht so schnell abnimmt wie ihre Vorwärtsgeschwindigkeit. Durch "Überdrallstabilisation" erreicht man also gar nichts... außer vielleicht dass Assymmetrien im Geschoss die Streuung negativ beeinflussen...
Die Frage ob ein Geschoss diesen transsonischen Bereich unbeschadet übersteht hat vielmehr mit der Geschossform zu tun, und laut dem Stand auf dem ich bin gibt es noch keine zuverlässige Methode das zu bestimmen. Man spricht hier von der "dynamischen stabilität". Die Tendenz scheint allerdings zu sein, dass eher die etwas kürzeren Geschosse diesen Bereich unbeschadet überstehen, nicht notwendigerweise die längsten Geschosse, mit dem höchsten BC, eines Kalibers!
Wer also den Überschallbereich möglichst lange aufrecherhalten will, um eventuelle Stabilisationsverluste vorzubeugen, der nimmt am besten das Geschoss mit dem höchsten BC eines Kalibers.
Wer allerdings ein bisschen gambeln will, und durch diesen Bereich erfolgreich durchschießen will, der nimmt lieber ein Geschoss welches eine, oder zwei Gewichtsklassen unter dem schwersten Geschoss eines Kalibers liegt.
Was wiederum für unser .22lr Problem bedeutet, dass die gängigen 40gr Geschosse eigentlich eh relativ gut dafür geeignet sind, verustfrei durch die transsonische Zone durchzuschießen.
Amen

edit: soviel zur Theorie... was die Praxis angeht hab ich auch schon ein bisschen getestet, jedoch noch kein für mich zufriedenstellendes Schussbild geschafft. Die bisher erkennbaren Muster lassen aber eher auf ein Problem mit dem Schützen, statt einem Problem mit Kaliber und Munition, schließen
