Bdave hat geschrieben:@Sanity:
Die EU Feuerwaffen Richtlinie läuft unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung bzw. seit neuestem auch zur Verhinderung solcher Tragödien wie Breivik (die extrem seltene Ereignisse in Europa sind und wo der Täter auch illegalen Sprengstoff Marke Eigenbau verwendet hat). Böse (realistische) Zungen behaupten es geht eher um eine schleichende Entwaffnung der Bevölkerung. Der Ostblock erinnert sich noch gut an den Kommunismus und ist da deswegen sehr skeptisch.
Die jeweiligen Waffengesetze der Mitgliedsstaaten betreffen jedoch die innere Sicherheit. Da hat die EU, ausgenommen besondere Einzelfälle wie Unterstützungsmissionen etc., nix verloren. Das wissen sie auch, denn sie würden bei diesem Punkt gegen das Subsidiaritätsprinzip verstossen.
Jetzt haben sie das Ganze halt über den Ausschuss für Verbraucherschutz gespielt. Sind ja nicht blöd. Und natürlich berührt der Verbraucherschutz eben nicht das Subsidiaritätsprinzip

Dazu kommen noch ein paar perfide Tricks. Jede Richtlinie benötigt eigentlich zu Beginn ein Impact Assessment um die Auswirkungen eben dieser zu erfassen und um eine mögliche Problemstellung und Rahmenbedingungen genau festzulegen. Schließlich sollte man ja wissen, wer und was aller wie betroffen ist, wenn etwas reguliert, verboten und ähnliches wird.
Nur bei der Feuerwaffen Richtlinie ist plötzlich kein IA notwendig. Gibts nicht. Auch nach mehrmaliger Aufforderung des IMCO Ausschusses. Eigentlich hätte die Vorsitzende Vicky Ford das Ding so lange blockieren müssen, bis die Kommission ein IA auf den Tisch legt.
Warum es keines gibt? Weil es kein Problem mit legalen Schusswaffen gibt, wenn man die Selbstmorde endlich mal aus den Todeszahlen rausrechnen würde. Weil diese Richtlinie sehr wohl einen wirtschaftlichen Impact vor allem auf kleinere Wirtschaftstreibende hat. Weil diese Richtlinie sehr wohl Arbeitsplätze kosten kann und wird.
Weiters wurde bei jeder neuen IMCO Sitzung von Seiten der Kommission immer neue und höhere Fantasiezahlen in den Raum gestellt, ohne diese mit Fakten zu untermauern. Es hat auch keiner nachgefragt. Das Highlight war zum Ende hin dann die Behauptung, es gäbe in der EU in den letzen 10 Jahren um die 100.000 Tote alleine durch legale halbautomatische Gewehre. Eine glatte Lüge. Keinen hats gejuckt.
Hm, schwierig.
Es wurden ja aber doch ein paar Studien in Auftrag gegeben (aber angeblich waren das ja "durch Steuergelder finanzierte Propagandastudien von Waffengegnern")
Meine Sicht der Dinge (plus Erfahrungen die ich hier gemacht hab):
Ein Impact Assessment ist per se keine einfache Sache. Weil im Prinzip ist ein IA nichts anderes als eine Erhebung von Fakten, Auslegung empirischer Werte, Lernen aus Entwicklungen der Vergangenheit, etc. und die Erstellung einer entsprechenden Prognose, wie sich ein neues Gesetz auf die Public Policy auswirken würde.
Es gibt da verschiedenste Methoden, und grad bei diesem Thema Waffenrecht streng wissenschaftlich vorzugehen ist - so denke ich - schwer möglich. Man bedient sich hier in erster Linie Methoden der empirischen Sozialforschung, und versucht die Daten im Sinne einer allgemeinen positiven Prognose entsprechend zu deuten.
Und da hatte ich - nachdem ich selber recherchiert habe - den Eindruck, daß einerseits auf Seiten der Waffengegner nicht immer faktisch argumentiert wird, bzw. ich manche Deutungen von Statistiken an den Haaren herbeigezogen find. Und ich habe den Eindruck, daß auch manche Zeitungsartikel durchaus eine antiwaffenpropagandistische Färbung haben.
zB. ist mir aufgefallen, daß in vielen Interpretationen von empirischen Daten gar kein Unterschied gemacht wird, ob jetzt Menschen durch Legalwaffen oder Waffen aus illegalem Besitz umgekommen sind. Und das ist doch grad für dieses Thema ein signifikanter Unterschied.
Auf der anderen Seite ist mir hier im Forum aufgefallen, daß selbst dann, wenn ein Artikel über Waffen sehr objektiv und rein faktisch geschrieben ist, ohne wen zu bevorzugen, ein paar Leute hier schreien, der Artikel wäre propagandistisch.
Und dieses "EU = schlecht und alles läuft auf eine Entwaffnung der Gesamtbevölkerung raus, damit man uns noch besser unterdrücken kann" Denken ist für mich eher schwer zu ertragen, und steht einer esoterischen Argumentationsweise mancher Waffengegner um nichts nach. Manchmal habe ich hier sogar den Eindruck, daß ich in einem Mensch-Ärgere-Dich-Nicht Spiel gelandet bin, und einige der Waffenbefürworter sind beleidigt, weil sie denken, sie hätten das Spiel verloren (obwohl die Waffengegner sich in vielen Punkten gar nicht durchsetzen konnten), und jetzt auf das Spiel selber schimpfen, bzw. den anderen vorwerfen, sie hätten geschummelt und sich nicht an die Regeln gehalten (obwohl sie dafür keine unumstößlichen harte Fakten haben, alles was ich bisher gehört habe ist entweder spekulativ, oder irrelevant, weil es sich um keine Verschwörung handelt, sondern ganz normalen politischen Alltag).
Im Großen und ganzen bin ich aber froh, hier im Forum zu sein. Ich bin der Meinung, daß hier auch ein durchaus hohes Niveau an Kommunikationskultur zu finden ist, und auch viele User voll mit interessantem Wissen und Ansichten sind und eben nicht mit der vorurteilsschwingenden Keule um sich schlagen.