M16 A1 und AK47 in Vietnam - Ein Vergleich
Verfasst: Fr 27. Jun 2014, 11:23
Hallo zusammen,
Zum o.a. Thema gibt es sicherlich schon etliche Beiträge im Internet, insbesondere aus der englisch-sprachigen Welt. Eine deutschsprachige Abhandlung zu diesem Thema habe ich im Moment aber nicht gefunden. Also schreibe ich ganz einfach mal meine persönliche Ansicht zu dieser Thematik.
Weithin bekannt sind die legendäre Zuverlässigkeit der AK47 sowie die häufigen Reinigungs-Intervalle des M16 A1. Heisst das jetzt aber tatsächlich, dass der mit einem M16 A1 bewaffnete GI dem Vietkong mit seiner AK47 hoffnungslos unterlegen war?
Bevor ich auf die beiden Waffen näher eingehe ist es meiner Ansicht nach durchaus von Relevanz, zunächst den durchschnittlichen Schützen beider Seiten zu betrachten. Jede Waffe ist nämlich nur so gut, wie der Schütze, der sie bedient.
Vietkong: Überwiegend jugendliche beiderlei Geschlechts aus einfachen, vielfach ländlichen Verhältnissen. Mit Technik hatten sie bisher nicht viel zu tun. Militärische Ausbildung im eigentlichen Sinn beschränkte sich meist darauf, sie Schießen zu lehren.
Medizinische Versorgung - wenn überhaupt - mangelhaft. Die Ernährung bestand vielfach aus gekochtem Reis, was häufig zu einer Nachtblindheit führte.
Amerikanischer "GI": Durchschnittsalter angeblich 19(!), Wehrpflichtiger, der mindestens 1 Jahr in Vietnam Dienst leisten musste, meist aus den unteren Gesellschaftsschichten stammend, mit moderner Technik vertraut, mehrmonatige Grundausbildung, medizinische Versorgung hervorragend (Ziel: Der Verwundete ist nach 15 Minuten auf dem OP-Tisch), Verpflegung abwechslungsreich und ausreichend.
Im Hinblick auf das technische Verständnis beider Parteien kann man sagen, dass es zweckmäßig und von Vorteil war, den einfachen Vietkong auch mit einer einfachen Waffe wie dem AK47 auszustatten. Der GI hatte hingegen Zeit, an dem vergleichsweise aufwändig gefertigten M16 A1 ausgebildet zu werden.
Welche Stärken und Schwächen haben nun die beiden Waffen?
M16 A1:
- Eine wirkliche Stärke des M16 A1 ist seine Treffgenauigkeit. Es bedarf keiner grossen Übung, auf 100m das Ziel einer Orange wiederholt sicher zu treffen.
- Auch im Feuerstoß bleibt die Waffe zielgenau und wandert kaum aus.
- Von Vorteil auf längeren Patrouillen war auch das geringe Gewicht von (geladen) nur 4kg.
Dem stehen jedoch einige Nachteile entgegen:
- Bekannt ist, dass das M16 A1 schmutzempfindlich ist. Das mehrmalige Reinigen der Waffe war Vorschrift und wurde sogar in der (Comic-)Bedienungsanleitung gefordert. Die Empfindlichkeit gegen Schlamm und Regen ging sogar so weit, dass ein spezieller Plastikbeutel ausgegeben wurde, in welchem das M16 A1 auf längeren Patrouillen im Dschungel geführt werden sollte.
- Auffällig ist auch, dass meist 20er-Magazine ausgegeben wurden. Dies hing mit der mangelhaften Magazinfeder zusammen, welche relativ schnell erlahmte. 30er-Magazine wurden erst nach Behebung dieses Problems gegen Ende des Vietnam-Krieges in grösserer Stückzahl ausgegeben.
- Das M16 A1 ist überwiegend aus Leichtmetall und Composite-Kunststoff gefertigt, was es als Schlaginstrument, z.B. im Nahkampf, ungeeignet macht.
- Der Verschlußträger besteht aus mehreren Teilen, wovon einige sehr klein sind und leicht verloren gehen können, z.B. der Splint, welcher den Auszieher hält oder auch der Schlagbolzenhalter. Sind diese Teile weg, ist die Waffe funktionsunfähig.
- Das Geschoß der Patrone 5,56x45 (.223 Rem) ist bekannt für seine Abweichung, wenn es im Flug z.B. Grashalme streift.
AK47:
- Wie schon weiter oben geschrieben, liegt die Stärke der AK47 bekannterweise in seiner Zuverlässigkeit, auch unter den widrigsten Bedingungen. Dies hängt vor allem auch damit zusammen, dass die Waffe mit grossen Toleranzen gefertigt wurde.
- Das AK47 lässt sich in kürzester Zeit in seine wenigen Bauteile zerlegen und wieder zusammensetzen. Insgesamt dürfte die Ausbildung an dieser Waffe auch einen technischen Laien vor keine unüberwindlichen Probleme stellen.
- Das AK47 ist aus Stahl und Holz gefertigt und demzufolge auch als effektives Schlaginstrument zu gebrauchen.
- Mit dem 30er-Magazin hat man eine ausreichende Zahl Patronen zur Verfügung. Sog. "Sturmtruppen" bekamen in Vietnam erstmals chinesische 75-Schuß-Trommelmagazine, was zu Folge hatte, dass der amerikanische GI seinen Kopf nicht mehr aus dem Graben bekam, um den Angriff abzuwehren.
- Die Durchschlagskraft der 7,62x39 ist höher als die der 5,56x45.
Nachteilig ist in erster Linie
- die Treffgenauigkeit der Waffe. Es bedarf aufgrund des konventionellen Visiers viel Übung und guter Lichtverhältnisse, damit der Durchschnittsschütze auf 100m die Größe eines Fußballs trifft. Gerade im Dschungel ist es aber eben nicht taghell, hinzu kommen ernährungsbedingte Sehprobleme.
- Spürbar ist der Rückstoß der Waffe, was bei Feuerstößen zusammen mit der Masse des schweren Verschlußträgers schnell zu einem Auswandern führt. Zielgenau bis 50m können nur kurze Feuerstöße abgegeben werden.
- Nach dem dritten, schnell verschossenen Magazin ist die Waffe derart heiß, dass man darauf achten muss, sie nur mehr an den Holzteilen anzufassen.
Die Vietkong haben natürlich erkannt, dass das M16 A1 gerade auf größere Distanzen zielgenauer ist und nahmen den Amerikanern diesen Vorteil, in dem sie ihre Hinterhalte meist auf kurze Distanz anlegten.
Bekannt ist, dass die Vietkong vielfach die M16 A1 gefallener GI´s nicht mitnahmen, sondern sie - mangels eigener Brauchbarkeit - ganz einfach zerstörten. Den Amerikanern war es umgekehrt nicht erlaubt, erbeutete AK47 im Gefecht zu verwenden, da das charakteristische Schußgeräusch dieser Waffe zu Verwechslungen und Verluste durch "friendly fire" führen konnte. Ausnahmen von dieser Bestimmung gab es lediglich für Einsätze der "Special Forces".
Um auf die Eingangsfrage zurückzukommen:
War also der mit einem M16 A1 bewaffnete GI dem Vietkong mit seiner AK47 unterlegen?
Nach Abwägung der Stärken und Schwächen beider Waffen und unter Berücksichtigung der Örtlichkeit komme ich zu der Bewertung, dass der Vietkong für Kämpfe im Dschungel mit der AK47 grundsätzlich die zweckmäßigere Waffe hatte. Hatte der amerikanische Soldat jedoch die Möglichkeit, auf größere Distanzen zu kämpfen, z.B. bei der Verteidigung eines Stützpunktes, dann konnte er die Zielgenauigkeit seines M16 A1 voll ausspielen.
Ich hoffe, meine Ansicht zu beiden Waffen hat euch interessiert und unterhalten.
Wenn ihr Anmerkungen habt - nur zu.
Schönen Gruß,
Bernhard
Zum o.a. Thema gibt es sicherlich schon etliche Beiträge im Internet, insbesondere aus der englisch-sprachigen Welt. Eine deutschsprachige Abhandlung zu diesem Thema habe ich im Moment aber nicht gefunden. Also schreibe ich ganz einfach mal meine persönliche Ansicht zu dieser Thematik.
Weithin bekannt sind die legendäre Zuverlässigkeit der AK47 sowie die häufigen Reinigungs-Intervalle des M16 A1. Heisst das jetzt aber tatsächlich, dass der mit einem M16 A1 bewaffnete GI dem Vietkong mit seiner AK47 hoffnungslos unterlegen war?
Bevor ich auf die beiden Waffen näher eingehe ist es meiner Ansicht nach durchaus von Relevanz, zunächst den durchschnittlichen Schützen beider Seiten zu betrachten. Jede Waffe ist nämlich nur so gut, wie der Schütze, der sie bedient.
Vietkong: Überwiegend jugendliche beiderlei Geschlechts aus einfachen, vielfach ländlichen Verhältnissen. Mit Technik hatten sie bisher nicht viel zu tun. Militärische Ausbildung im eigentlichen Sinn beschränkte sich meist darauf, sie Schießen zu lehren.
Medizinische Versorgung - wenn überhaupt - mangelhaft. Die Ernährung bestand vielfach aus gekochtem Reis, was häufig zu einer Nachtblindheit führte.
Amerikanischer "GI": Durchschnittsalter angeblich 19(!), Wehrpflichtiger, der mindestens 1 Jahr in Vietnam Dienst leisten musste, meist aus den unteren Gesellschaftsschichten stammend, mit moderner Technik vertraut, mehrmonatige Grundausbildung, medizinische Versorgung hervorragend (Ziel: Der Verwundete ist nach 15 Minuten auf dem OP-Tisch), Verpflegung abwechslungsreich und ausreichend.
Im Hinblick auf das technische Verständnis beider Parteien kann man sagen, dass es zweckmäßig und von Vorteil war, den einfachen Vietkong auch mit einer einfachen Waffe wie dem AK47 auszustatten. Der GI hatte hingegen Zeit, an dem vergleichsweise aufwändig gefertigten M16 A1 ausgebildet zu werden.
Welche Stärken und Schwächen haben nun die beiden Waffen?
M16 A1:
- Eine wirkliche Stärke des M16 A1 ist seine Treffgenauigkeit. Es bedarf keiner grossen Übung, auf 100m das Ziel einer Orange wiederholt sicher zu treffen.
- Auch im Feuerstoß bleibt die Waffe zielgenau und wandert kaum aus.
- Von Vorteil auf längeren Patrouillen war auch das geringe Gewicht von (geladen) nur 4kg.
Dem stehen jedoch einige Nachteile entgegen:
- Bekannt ist, dass das M16 A1 schmutzempfindlich ist. Das mehrmalige Reinigen der Waffe war Vorschrift und wurde sogar in der (Comic-)Bedienungsanleitung gefordert. Die Empfindlichkeit gegen Schlamm und Regen ging sogar so weit, dass ein spezieller Plastikbeutel ausgegeben wurde, in welchem das M16 A1 auf längeren Patrouillen im Dschungel geführt werden sollte.
- Auffällig ist auch, dass meist 20er-Magazine ausgegeben wurden. Dies hing mit der mangelhaften Magazinfeder zusammen, welche relativ schnell erlahmte. 30er-Magazine wurden erst nach Behebung dieses Problems gegen Ende des Vietnam-Krieges in grösserer Stückzahl ausgegeben.
- Das M16 A1 ist überwiegend aus Leichtmetall und Composite-Kunststoff gefertigt, was es als Schlaginstrument, z.B. im Nahkampf, ungeeignet macht.
- Der Verschlußträger besteht aus mehreren Teilen, wovon einige sehr klein sind und leicht verloren gehen können, z.B. der Splint, welcher den Auszieher hält oder auch der Schlagbolzenhalter. Sind diese Teile weg, ist die Waffe funktionsunfähig.
- Das Geschoß der Patrone 5,56x45 (.223 Rem) ist bekannt für seine Abweichung, wenn es im Flug z.B. Grashalme streift.
AK47:
- Wie schon weiter oben geschrieben, liegt die Stärke der AK47 bekannterweise in seiner Zuverlässigkeit, auch unter den widrigsten Bedingungen. Dies hängt vor allem auch damit zusammen, dass die Waffe mit grossen Toleranzen gefertigt wurde.
- Das AK47 lässt sich in kürzester Zeit in seine wenigen Bauteile zerlegen und wieder zusammensetzen. Insgesamt dürfte die Ausbildung an dieser Waffe auch einen technischen Laien vor keine unüberwindlichen Probleme stellen.
- Das AK47 ist aus Stahl und Holz gefertigt und demzufolge auch als effektives Schlaginstrument zu gebrauchen.
- Mit dem 30er-Magazin hat man eine ausreichende Zahl Patronen zur Verfügung. Sog. "Sturmtruppen" bekamen in Vietnam erstmals chinesische 75-Schuß-Trommelmagazine, was zu Folge hatte, dass der amerikanische GI seinen Kopf nicht mehr aus dem Graben bekam, um den Angriff abzuwehren.
- Die Durchschlagskraft der 7,62x39 ist höher als die der 5,56x45.
Nachteilig ist in erster Linie
- die Treffgenauigkeit der Waffe. Es bedarf aufgrund des konventionellen Visiers viel Übung und guter Lichtverhältnisse, damit der Durchschnittsschütze auf 100m die Größe eines Fußballs trifft. Gerade im Dschungel ist es aber eben nicht taghell, hinzu kommen ernährungsbedingte Sehprobleme.
- Spürbar ist der Rückstoß der Waffe, was bei Feuerstößen zusammen mit der Masse des schweren Verschlußträgers schnell zu einem Auswandern führt. Zielgenau bis 50m können nur kurze Feuerstöße abgegeben werden.
- Nach dem dritten, schnell verschossenen Magazin ist die Waffe derart heiß, dass man darauf achten muss, sie nur mehr an den Holzteilen anzufassen.
Die Vietkong haben natürlich erkannt, dass das M16 A1 gerade auf größere Distanzen zielgenauer ist und nahmen den Amerikanern diesen Vorteil, in dem sie ihre Hinterhalte meist auf kurze Distanz anlegten.
Bekannt ist, dass die Vietkong vielfach die M16 A1 gefallener GI´s nicht mitnahmen, sondern sie - mangels eigener Brauchbarkeit - ganz einfach zerstörten. Den Amerikanern war es umgekehrt nicht erlaubt, erbeutete AK47 im Gefecht zu verwenden, da das charakteristische Schußgeräusch dieser Waffe zu Verwechslungen und Verluste durch "friendly fire" führen konnte. Ausnahmen von dieser Bestimmung gab es lediglich für Einsätze der "Special Forces".
Um auf die Eingangsfrage zurückzukommen:
War also der mit einem M16 A1 bewaffnete GI dem Vietkong mit seiner AK47 unterlegen?
Nach Abwägung der Stärken und Schwächen beider Waffen und unter Berücksichtigung der Örtlichkeit komme ich zu der Bewertung, dass der Vietkong für Kämpfe im Dschungel mit der AK47 grundsätzlich die zweckmäßigere Waffe hatte. Hatte der amerikanische Soldat jedoch die Möglichkeit, auf größere Distanzen zu kämpfen, z.B. bei der Verteidigung eines Stützpunktes, dann konnte er die Zielgenauigkeit seines M16 A1 voll ausspielen.
Ich hoffe, meine Ansicht zu beiden Waffen hat euch interessiert und unterhalten.
Wenn ihr Anmerkungen habt - nur zu.
Schönen Gruß,
Bernhard