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Vo: Wie relevant für die Schußpräzision?

Verfasst: Di 28. Feb 2012, 16:15
von Armin
Frage an die LW-Schützen: Wer hat Erfahrungen mit Vo-Messungen? Ich habe unter
viewtopic.php?f=16&t=9081
einige Ergebnisse gepostet.
Was mich interessiert ist,
1.) ob jemand bereits solche Messungen durchgeführt hat,
2.) wie groß die ermittelten Abweichungen waren (Kaliber/Munitionstyp) und
3.) der Zusammenhang zwischen der Vo (bzw. Vo-Abweichungen) und Trefferbild(ern).
Ich bin für jede Rückmeldung dankbar, da mir gegenwärtig nicht klar ist, wie meine eigenen Messungen zu bewerten sind (gut, mies oder hundsmiserabel).
Danke im Voraus,
Armin

Re: Vo: Wie relevant für die Schußpräzision?

Verfasst: Di 28. Feb 2012, 16:19
von BigBen
Das kann man so generell auch nicht sagen! Meine 100m .308 Labo hat z.B. eine sehr niedrige v0...mein Gewehr scheint das zumindest bei den 168grs AMAX für geringe Entfernungen so zu mögen. Die Rem Premier Match haben fast 100m/sec mehr v0...schiessen mit einem 168grs Sierra Matchking aber fast genauso präzise. Wenn ich mir aber selbst eine Labo mit den Remington Hülsen, einem Sierra Matchking 160grs sowie ausreichend N140 zusammenbastel die genauso schnell schiesst wie die Premier Match...dann treff ich damit garnix. Ich glaub da spielen einfach viel zuviele Faktoren mit um da pauschale Aussagen zu treffen außer: je mehr v0, desto länger Überschall :-D

Re: Vo: Wie relevant für die Schußpräzision?

Verfasst: Di 28. Feb 2012, 16:23
von GehtDas
wenn die V0 immer exakt gleich ist wird die Präzision auch dementsprechend sein
Hast du sagen wir ein mal eine Patrone mit 800m/s und eine mit 1000m/s verlassen die Geschosse bei einer unterschiedlichen Laufschwingung den Lauf. Was sich sicherlich schlecht auf die Präzision auswirkt.
Darum soll die V0 bei den Patronen eine möglichst geringe Schwankung haben, damit sie den Lauf bei der exakt gleiche Schwingung den Lauf verlassen.
Wenn ich mich irre, bitte um Korrektur.

MfG

Re: Vo: Wie relevant für die Schußpräzision?

Verfasst: Di 28. Feb 2012, 16:31
von Stefan
deine ermittelten daten sind gut bis sehr gut. es ist logisch, dass man eine möglichst geringe abweichung vom mittelwert benötigt um ein maximum an präzision zu erreichen. als richtlinie gilt, laut meiner erfahrung, alles was vom mittelwert im einstelligen bereich abweicht ist schon einmal sehr gut. hier noch besser zu werden ist EXTREM aufwändig und wirkt sich auf der scheibe häufig nur minimal bis gar nicht aus.

mein bestes ergebnis aus meinem lauf erhielt ich mit lapua scenar. hier lag das min. nur 12m/s von maxwert entfernt. geco waren ähnlich deinen ergebnissen und lieferten entsprechend auf der scheibe gute gruppen.

mfg stefan

Re: Vo: Wie relevant für die Schußpräzision?

Verfasst: Di 28. Feb 2012, 16:37
von BigBen
Wo Stefan natürlich schon recht hat: wenn du eine Laborierung hast die aus deiner Waffe gut läuft, dann muss das Bestreben sein die v0 innerhalb dieser Laborierung so konstant wie möglich zu halten - nichts anderes macht man im Endeffekt durch Hülsen nach Gewicht sortieren, möglichst gleiche Hülsenlänge trimmen, Pulver aufs Zehntel grain genau abwiegen und immer wieder nachwiegen etc.! Ich find die Scenar Abweichungen sehr gut, da hab ich bei Match-Fabrikmunition in .308 schon größere Abweichungen gemessen!

Re: Vo: Wie relevant für die Schußpräzision?

Verfasst: Di 28. Feb 2012, 16:55
von mgritsch
Vielleicht nicht 100% das wonach du gefragt hast (Erfahrung, Messung) aber evtl dennoch ein relevanter Input:

1) Rechnerisch, vereinfachte ballistische Kurve (gleichförmige Bewegung horizontal vorwärts, überlagert durch die beschleunigte Fallbewegung abwärts). Vergleiche ich zwei Geschwindigkeiten von 780 zu 770 m/s so macht das auf 100m 2mm Unterschied im POI, auf 300m sind es 2cm. Vergleiche ich zwei Geschwindigkeiten von zB 830 zu 850 m/s so macht das auf 100m 3mm Unterschied im POI, auf 300m sind es 3cm.so viel sollte es also mindestens sein. Aufgrund der verzögerten Vorwärtsbewegung und dadurch nach hinten steilerem absteigenden Ast wird die Abweichung bei der realen ballistischen Kurve (geschätzt) vielleicht bis max. zum doppelten gehen.

2) Abgesehen von der Außenballistik ist das Schwingverhalten des Laufs sicher extrem wichtig. Auf Basis der Theorie der "stehenden Wellen" wo dann die "sweet spots" entstehen wenn der Lauf eine Bewegung ausführt bei der die Mündung in einem Schwingungsknoten liegt wird eine Laborierung bei der eine v0-Abweichung zu keiner (signifikanten) Verlagerung der Knoten führt evtl sehr tolerant auf Schwankungen reagieren, wenn sich dadurch die Knoten-Lage verschiebt und die Mündung voll ausschlägt wird es katastrophale Auswirkungen haben. So gesehen mögen zwei Schützen bei gleicher (großer) v0-Schwankungsbreite sehr unterschiedliche Erfahrungen machen.

3) man vergesse nie: wer misst, misst mist. bist du sicher, ob die (statistische) messungenauigkeit des chrono ausreichend ist um bei präzisionsmuni schwankungen der v0 zuverlässig zu beurteilen?

Re: Vo: Wie relevant für die Schußpräzision?

Verfasst: Di 28. Feb 2012, 17:29
von Stefan
punkt 2 - sehr gut 1+

mfg stefan

Re: Vo: Wie relevant für die Schußpräzision?

Verfasst: Di 28. Feb 2012, 21:24
von Armin
Vielen Dank für die Antworten - insbesondere an mgritsch! Für mich war es wichtig zu wissen, wie ich mit meinen Ergebnissen (vergleichsweise mit anderen) dastehe. Die Bedeutung der Vo-Abweichung - ausgedrückt in mm auf der Scheibe - war es, die mich besonders interessiert hat.

Bleibt für mich nur noch zu enträtseln, wodurch die gemessenen Abweichungen bedingt sind (vorausgesetzt die Meßgenauigkeit des Chrony ist OK, was ich nicht burteilen kann) - da ich ja bei der Patronenherstellung doch einige Sorgfalt walten lasse. Ich nehme an, daß eine weitere Verbesserung nur durch eine Vermessung der Hülsen möglich wäre (die Geschosse zeigen Gewichtsabweichungen im Zehntelgrainbereich, sind also zu vernächlässigen)...

Das ist aber eher eine theoretische Frage, da mir mein nur sehr begrenztes Talent zum Sniper absolut bewußt ist... ;) . Die Schützenstreuung wird daher die noch möglichen Präzisionsverbesserungen bei der Muni mehr als aufwiegen.
Gruß,
Armin

Re: Vo: Wie relevant für die Schußpräzision?

Verfasst: Mi 29. Feb 2012, 08:40
von mgritsch
Armin hat geschrieben:Bleibt für mich nur noch zu enträtseln, wodurch die gemessenen Abweichungen bedingt sind (vorausgesetzt die Meßgenauigkeit des Chrony ist OK, was ich nicht burteilen kann) - da ich ja bei der Patronenherstellung doch einige Sorgfalt walten lasse. Ich nehme an, daß eine weitere Verbesserung nur durch eine Vermessung der Hülsen möglich wäre (die Geschosse zeigen Gewichtsabweichungen im Zehntelgrainbereich, sind also zu vernächlässigen)...


Das ist eine Frage die ich mir auch schon oft gestellt habe.
Könnte ich theoretisch ein und die selbe Patrone 2x verschießen, würde dann das gleich Ergebnis rauskommen?
(sprich: wie groß ist der Einfluß vieler anderer kleiner Parameter - Veränderungen an der Waffe von Schuss zu Schuss, Veränderungen an der Haltung, Winddrift, "Zufall", usw usf.)
Oder: selbst wenn du jeden Schuss mit genau der gleichen Hülse und dem genau gleichen Geschoss und der gleichen Pulverportion machen könntest - würde dann das gleiche rauskommen? (wie reproduzierbar ist der "Zusammenbau", selbst wenn alle Komponenten perfekt gleichmäßig sind)
Klar, "hättiwari" - davon kann ich mir auch nix kaufen. Aber vielleicht optimiert man ja am falschen Ende herum und ab einem gewissen Punkt macht keine noch so liebevolls Präzisionssteigerung an der Muni einen Unterschied mehr weil so viele andere Einflussfaktoren bestimmender werden...

Messgenauigkeit: 10 m/s sind bei den Geschwindigkeiten um die es geht ca 1-2%
Das ist für "normale" Messgeräte schon eine sehr ordentliche Präzision!
Vor allem wenn du dir das Messprinzip verdeutlichst: der diffuse Schatten eines vergleichsweise winzigen Projektils huscht durch zwei Lichtschranken die nur etwa 30cm voneinander entfernt sind und es wird der Zeitversatz gemessen. Alleine eine Projektillänge ist schon etwa 1/10 der Messtrecke!
Wenn du 770-780 m/s misst würde ich daher nicht unbedingt davon ausgehen, dass die Schwankung tatsächlich so groß ist, das ist IMHO schon ein ziemlich perfektes Ergebnis!

lg
Martin

Re: Vo: Wie relevant für die Schußpräzision?

Verfasst: Mi 29. Feb 2012, 09:21
von Varminter
Die Ausführungen sind sehr gut.

Von der Praxis her würde ich noch versuchen, eine Ladung so aufzubauen, dass Fülldichte 1 herauskommt, also das Geschoss ohne Luft dahinter auf dem Pulver sitzt.

Re: Vo: Wie relevant für die Schußpräzision?

Verfasst: Mi 29. Feb 2012, 13:31
von Armin
Ad mgritsch: sehr interessante Überlegungen, die ich bisher noch nicht angestellt habe :oops:
Ad Varminter: das ist mir theoretisch auch klar, praktisch aber kaum umsetzbar - zumindest nicht ohne Füllmittel - und das will ich mir eigentlich nicht antun...
Danke jedenfalls für die sachdienlichen Hinweise :) !
Gruß,
Armin

Re: Vo: Wie relevant für die Schußpräzision?

Verfasst: Mi 29. Feb 2012, 16:26
von Xandl
Die Munition meiner 45acp hat v0 Schwankungen von plus minus 25m. Trotzdem treffe ich auf 25m zuverlässig den 10er und immerhin schieße ich zwischen 585 und 590 Ringe im Bewerb.
Gut ist zwar keine Langwaffe, aber es sagt mir schon was.

mgritsch führt aus, dass es gut ist, wenn die Mündung an einem sweet spot ist, also an einem Schwingungsknoten. Das bedeutet theoretisch, dass die Mündung an der selben Stelle im Raum ist, jedoch sind hier die höchsten Winkel des Laufes in Bezug auf die vorher ruhende Laufachse. Dort wo der Lauf am meisten ausschwingt, also am höchsten oder tiefsten Punkt der Sinuskurve ist der Winkel zur Laufseele null. Hopperla!

Mir ist bewußt, dass es schlechte Gewehre und richtig gute Scharfschützengewehre gibt. Mir sind auch dei Vorteile einer Systembettung bekannt. Nur warum treffen die guten Schützen mit Sharps Büchsen ohne freischwingenden Lauf, den Lauf irgendwie aufgelegt auf 100m Loch in Loch?

Aus all dem halte ich von freischwingenden Läufen und konstanter v0 nicht zu viel.

Weniger theoretisieren mehr trainieren - da liegt Präzision.

Alex

Re: Vo: Wie relevant für die Schußpräzision?

Verfasst: Mi 29. Feb 2012, 16:33
von Charles
Xandl hat geschrieben:Weniger theoretisieren mehr trainieren - da liegt Präzision.

Alex



So ist es!

Und mich erstaunt immer wieder , wie präzise eine Sharps als auch Rolling Block ist, obwohl die 08/15 Pedersoli-Diopter absolute !%&$§=)-Teile sind.

Re: Vo: Wie relevant für die Schußpräzision?

Verfasst: Mi 29. Feb 2012, 19:48
von Armin
Xandl hat geschrieben:Die Munition meiner 45acp hat v0 Schwankungen von plus minus 25m.
Daß sich Geschwindigkeitsschwankungen auf große Distanzen stärker auswirken dürften als auf 25m, steht vermutlich außer Streit.

Xandl hat geschrieben:Nur warum treffen die guten Schützen... auf 100m Loch in Loch?

Möglicherweise weil sie gute Schützen sind ;) ? Das "Loch in Loch" spielt´s aber auch bei guten Schützen nicht mehr, wenn auf 300m und mehr geschossen wird - und das mit 08/15-Muni...

Xandl hat geschrieben:...mehr trainieren - da liegt Präzision.

Dazu keinerlei Widerspruch 8-) !
Gruß,
Armin

Re: Vo: Wie relevant für die Schußpräzision?

Verfasst: Mi 29. Feb 2012, 23:58
von mgritsch
Xandl hat geschrieben:mgritsch führt aus, dass es gut ist, wenn die Mündung an einem sweet spot ist, also an einem Schwingungsknoten. Das bedeutet theoretisch, dass die Mündung an der selben Stelle im Raum ist, jedoch sind hier die höchsten Winkel des Laufes in Bezug auf die vorher ruhende Laufachse. Dort wo der Lauf am meisten ausschwingt, also am höchsten oder tiefsten Punkt der Sinuskurve ist der Winkel zur Laufseele null. Hopperla!


naja ein schwieriges thema.
einerseits hast du recht. andererseits mag man entgegenhalten dass im schwingungsbauch dafür (während des nulldurchgangs) die geschwindigkeitskomponenten ein maximum hat = seitliche v0 komponente wird eingebracht!

einige interessante artikel dazu noch:
http://www.silhouetten.org/Technik/Swing1.pdf
http://www.ssg-82.de/archiv/pdf/wate2.pdf (Punkt 2.2.4)
http://www.the-long-family.com/shock%20 ... nation.pdf
http://www.varmintal.com/amode.htm
http://www.ozfclass.com/articles/1/psm_2005_03.html