Wie beeinflusst Gegen-/Rückenwind den Bullet Drop?

Rund um den Schiesssport: Technik, Erfahrungen, Tipps und Tricks
Antworten
Benutzeravatar
Reaper
.50 BMG
.50 BMG
Beiträge: 3680
Registriert: So 27. Mär 2011, 20:26
Wohnort: Im Südwesten Deutschlands

Wie beeinflusst Gegen-/Rückenwind den Bullet Drop?

Beitrag von Reaper » Sa 23. Apr 2016, 10:26

Hallo Leutz,
es ist eine reine Verständnisfrage.

Erst dacht ich: Klar, bei Gegenwind wird das Geschoss abgebremst und dadurch geht die Geschossbahn nach unten.

Aber dann dachte ich, Hmmm, das Geschoss steigt ja am Anfang, also wird bei Gegenwind die Luft unterhalb des Geschosses zusätzlich verdichtet, was ja zu Auftrieb führen müsste und ergo, die Geschossbahn nach oben ginge/gestreckter verliefe.

Als Nächstes fiel mir ein, dass das Geschoss erst steigt, also Geschossbahn durch den Auftrieb nach oben, aber dann das Geschoss ja nach Überschreiten des Scheitelpunktes abwärts gerichtet ist und jetzt genau der umgekehrte Effekt auftritt.
Also, Geschoss am Steigen, Flugbahn gestreckter, Geschoss am Fallen, Flugbahn gekrümmter?!?!
:doh:

Grad verrenk ich mir ein bisserl das Gehirn, evtl. unnötig weil so einfach.

Helft Ihr mir bitte mal?
:)
"Der Euro muss platzen, sonst finden wir uns in einem sozialistischen Zwangssystem wieder."
(Prof. Max Otte)

Senf
.50 BMG
.50 BMG
Beiträge: 1663
Registriert: Mi 29. Mai 2013, 11:26
Wohnort: Klagenfurt, Leoben, Wien

Re: Wie beeinflusst Gegen-/Rückenwind den Bullet Drop?

Beitrag von Senf » Sa 23. Apr 2016, 11:45

Interessante Frage... Ich denke aber dass nur die horizontale Geschwindigkeitskomponente des Geschosses beeinflusst wird. Das mit Luft verdichten und den deswegen entstehenden Auftrieb, kannst aufgrund von Marginalität getrost aus deiner Rechnung streichen...
Hier könnte Ihre Signatur stehen!!

Benutzeravatar
impact
#IamTheGunLobby
#IamTheGunLobby
Beiträge: 3499
Registriert: So 11. Jul 2010, 20:35
Wohnort: in the zone
Kontaktdaten:

Re: Wie beeinflusst Gegen-/Rückenwind den Bullet Drop?

Beitrag von impact » Sa 23. Apr 2016, 13:50

Ein stabil fliegendes Geschoss (dynamisch stabil, durch twist; statisch stabil durch Flügelheck) hat immer das Bestreben, seine Längsachse parallel zur Luftströmungsrichtung auszurichten... einzige Ausnahme ist ein kleiner Tilt nach rechts oben (rechts Drall-Lauf)(yaw of repose), der ein Resultat aus dem Moment ist, das versucht das Geschoss zu überschlagen, und die Reaktion der Spin-Stabilisierung darauf. Daraus ensteht dann Spin Drift.
Ich würde also annehmen, dass das Geschoss, nachdem es sich immer der Luftströmung nach ausrichtet, von Gegen und Rückenwind nur gebremst wird, nicht vertikal abgelenkt. Vertikal abgelenkt nur dann, wenn der Rücken/Gegenwind auch eine vertikale Komponente hat.

Viel interessanter aber, und vermutlich bedeutsamer in der Praxis, finde ich, dass jeder rein-horizontale Wind, auch eine vertikale Komponente im Wind-Drift verursacht. Je nach Stability-Factor, das Geschoss also nicht rein horizontal driftet, sondern diagonal. (Bei rechts twist: tiefer bei Wind von links, höher bei Wind von rechts).

Ich würde dir Brian Litz' Literatur (als Einstieg) empfehlen, wenn dich solche Dinge ernsthaft beschäftigen.

bino71
.50 BMG
.50 BMG
Beiträge: 4046
Registriert: Mi 4. Jun 2014, 12:41
Wohnort: NÖ / Wiener Becken

Re: Wie beeinflusst Gegen-/Rückenwind den Bullet Drop?

Beitrag von bino71 » Sa 23. Apr 2016, 14:06

Du mußt Dir nicht Dein Gehirn verrenken, haben schon einige andere schon gemacht :D
Einerseits durch Literatur und dann das unglaubliche Internet.

Bsp:
http://www.vsms.org/Forum/Seite_26/26_050330_Artikel_Ballistik_M.Tschannen.pdf

Senf
.50 BMG
.50 BMG
Beiträge: 1663
Registriert: Mi 29. Mai 2013, 11:26
Wohnort: Klagenfurt, Leoben, Wien

Re: Wie beeinflusst Gegen-/Rückenwind den Bullet Drop?

Beitrag von Senf » Sa 23. Apr 2016, 15:11

impact hat geschrieben:Ein stabil fliegendes Geschoss (dynamisch stabil, durch twist; statisch stabil durch Flügelheck) hat immer das Bestreben, seine Längsachse parallel zur Luftströmungsrichtung auszurichten... einzige Ausnahme ist ein kleiner Tilt nach rechts oben (rechts Drall-Lauf)(yaw of repose), der ein Resultat aus dem Moment ist, das versucht das Geschoss zu überschlagen, und die Reaktion der Spin-Stabilisierung darauf. Daraus ensteht dann Spin Drift.
Ich würde also annehmen, dass das Geschoss, nachdem es sich immer der Luftströmung nach ausrichtet, von Gegen und Rückenwind nur gebremst wird, nicht vertikal abgelenkt. Vertikal abgelenkt nur dann, wenn der Rücken/Gegenwind auch eine vertikale Komponente hat.

Viel interessanter aber, und vermutlich bedeutsamer in der Praxis, finde ich, dass jeder rein-horizontale Wind, auch eine vertikale Komponente im Wind-Drift verursacht. Je nach Stability-Factor, das Geschoss also nicht rein horizontal driftet, sondern diagonal. (Bei rechts twist: tiefer bei Wind von links, höher bei Wind von rechts).


Bei dreidimensionalem Wind wirds nochmals komplizierter... allerdings glaube ich dass bei typischen Windgeschwindigkeiten von 0-10m/s das relativ vernachlässigbar ist.. vorallem wenn der Wind aus 12 oder 6 Uhr kommt. Die Flugbahnform wird durch +-10m/s nicht wirklich beeinflusst.... schon garnicht bei Geschwindigkeiten von 600m/s und mehr...

impact hat geschrieben:Ich würde dir Brian Litz' Literatur (als Einstieg) empfehlen, wenn dich solche Dinge ernsthaft beschäftigen.

Der Bryan Litz dürfte da wirklich einer der wenigen sein der sich damit beschäftigt... allerdings hab ich a)keinerlei Wissenschaftliche Arbeiten gefunden ausser seinen Büchern und b)Da er sprichwörtlich aus der "Raketenwissenschaft" kommt, sind diese Überlegungen glaub ich ein kleinwenig zu hochgegriffen für den Ottonormalverbraucher, da wir warscheinlich mehr Geschwindigkeitsänderungen durch inkonsistente Ladungen produzieren als es der Wind auf 1000m (selbst die sind für die meissten Utopie) verursacht. Gscheider wäre tatsächliche Schusstafeln zu produzieren und mit denen zu arbeiten, als stundenlanges Bücherwälzen mit zwar theoretischem Erkenntnisgewinn der aber in die Praxis nicht oder kaum übertragbar sein wird. Ist halt meine Meinung zu dem Thema.
Hier könnte Ihre Signatur stehen!!

Benutzeravatar
impact
#IamTheGunLobby
#IamTheGunLobby
Beiträge: 3499
Registriert: So 11. Jul 2010, 20:35
Wohnort: in the zone
Kontaktdaten:

Re: Wie beeinflusst Gegen-/Rückenwind den Bullet Drop?

Beitrag von impact » Sa 23. Apr 2016, 16:11

Ich glaube bei reinem Gegen und Rückenwind ist die größte Herausforderung dann, wenn der Wind nicht tatsächlich aus 12 bzw 6 Uhr kommt, sondern leicht zwischen 11 und 1, bzw 5 und 7 Uhr herumtanzt...
Zum Abfall kompensieren reicht es vermutlich, wenn man den Ballistiksolver mit mittlere V0 + Windgeschw. bei Rückenwind, und mitlere V0 - Windgeschw. bei Gegenwind rechnet.

@Senf: meinst du wissenschaftliche Arbeiten von IHM ? oder generell? Von Ihm kenn ich sonst nur seine Kurzvideos auf youtube, Artikel auf der Berger Homepage, und seiner Applied Ballistics page, Long Range hunting.com und accurate shooter.com, wobei leztere beiden auf den anderen Artiklen bzw Bücher basiert. Und in den Long Range made easy DVDs vom Todd Hodnett ist er dabei, erklärt dort aber nur ein paar der Konzepte die in den Büchern viel detaillierter erklärt sind.
Generell gibts schon viel über Ballistik nachzulesen, allerdings ist das meiste davon nicht so verständlich aufbereitet, wie von Ihm...

Und ja, viele der Vorgänge sind teilweise komplex und entgegen der Intuition... meine Meinung, nach ein bisschen Studium der ganzen Materie ist: das Verständnis hilft schon, aber das größte Problem ist der Mensch am Abzug. Der ist in der Lage sehr viel mehr zu verhauen, als durch ballistische Effekte zu erklären ist. Wenn die Schießtechnik passt, dann kann man mit Ballistikwissen darauf aufbauen und die Distanzen erhöhen, alles andere wird zu einem frustrierenden Lauf im Kreis fürchte ich... Ich glaub die wichtigste Fähigkeit wäre, seine Schüsse exakt ansagen zu können. Ohne dem wirds unmöglich Schützenfehler von Drop, Drift und anderen Effekten unterscheiden zu können... außer man schießt Benchrest Rail Guns...

Senf
.50 BMG
.50 BMG
Beiträge: 1663
Registriert: Mi 29. Mai 2013, 11:26
Wohnort: Klagenfurt, Leoben, Wien

Re: Wie beeinflusst Gegen-/Rückenwind den Bullet Drop?

Beitrag von Senf » Sa 23. Apr 2016, 16:21

impact hat geschrieben:@Senf: meinst du wissenschaftliche Arbeiten von IHM ?


Ja nur von ihm. Laut Hompage hat er immerhin einen Uniabschluss... den kriegt man normalerweise nur mit einer wissenschaftlichen Arbeit, auch wenn ich mich mit dem angloamerikanischen Hochschulsystem nicht so auskenne... aber ich find nur seine Bücher. Aus seiner Zeit bei der Airforce, bei der er nach Eigenauskunft Luft-Luft Raketen entwickelt hat, ist mir klar das man da eher weniger finden wird. ;)

Mal ehrlich das ganze Thema ist inetwa so als zerbricht sich ein Freizeitjogger den Kopf drüber mit welchem Trainingsschmäh der Usain Bolt seine 100m-Sprint Zeit von 9,80 auf 9,58 gebracht hat... gscheider wirds sein 100erte Schuss zur Datengewinnung abzufeuern und daraus Schusstafeln zu erstellen.
Hier könnte Ihre Signatur stehen!!

DerDaniel
.50 BMG
.50 BMG
Beiträge: 4507
Registriert: Mo 12. Dez 2011, 19:09

Re: Wie beeinflusst Gegen-/Rückenwind den Bullet Drop?

Beitrag von DerDaniel » Sa 23. Apr 2016, 23:31

Mindestens seine Abschluss Arbeit wirst du in der Bib seiner Uni finden. Da er aber auch nicht mehr der jüngste ist, wird das wahrscheinlich nur im auf Holzfasern aufgebrachten Pigment-Format geben...

Senf
.50 BMG
.50 BMG
Beiträge: 1663
Registriert: Mi 29. Mai 2013, 11:26
Wohnort: Klagenfurt, Leoben, Wien

Re: Wie beeinflusst Gegen-/Rückenwind den Bullet Drop?

Beitrag von Senf » So 24. Apr 2016, 00:29

DerDaniel hat geschrieben:Mindestens seine Abschluss Arbeit wirst du in der Bib seiner Uni finden. Da er aber auch nicht mehr der jüngste ist, wird das wahrscheinlich nur im auf Holzfasern aufgebrachten Pigment-Format geben...

Also so alt ist der jetzt auch wieder nicht... 2002 mit der Penn State fertig geworden. Da gabs Internet in seiner öffentlichen Variante schon eine weile... Auch mit der Library Search der Penn State findet man nur 2 Artikel von 2014...
Hier könnte Ihre Signatur stehen!!

DerDaniel
.50 BMG
.50 BMG
Beiträge: 4507
Registriert: Mo 12. Dez 2011, 19:09

Re: AW: Wie beeinflusst Gegen-/Rückenwind den Bullet Drop?

Beitrag von DerDaniel » So 24. Apr 2016, 15:28

Also ich habe bei wissenschaftlichen Arbeiten noch jetzt häufig Probleme digitale Ausgaben zu finden, wenn sie nicht bei Elsevir o.ä. veröffentlicht wurden.
Warum auch immer, aber die Unis tun sich scheinbar extrem Schwer die Abschlussarbeiten, die ja so wie so in fast allen Fällen mittlerweile auch digital eingereicht werden müssen, auf ihren Homepages zu veröffentlichen.

Benutzeravatar
impact
#IamTheGunLobby
#IamTheGunLobby
Beiträge: 3499
Registriert: So 11. Jul 2010, 20:35
Wohnort: in the zone
Kontaktdaten:

Re: Wie beeinflusst Gegen-/Rückenwind den Bullet Drop?

Beitrag von impact » So 24. Apr 2016, 16:43

Eventuell werden viele dieser tecznischen Arbeiten gemeinsam mit Firmen gemacht, oder Probleme von Firmen gelöst, in vielen Fällen sind die dann wohl nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Zumindest eine Zeit lange. Ist aber nur eine Idee.

Senf
.50 BMG
.50 BMG
Beiträge: 1663
Registriert: Mi 29. Mai 2013, 11:26
Wohnort: Klagenfurt, Leoben, Wien

Re: AW: Wie beeinflusst Gegen-/Rückenwind den Bullet Drop?

Beitrag von Senf » Di 26. Apr 2016, 14:44

DerDaniel hat geschrieben:Also ich habe bei wissenschaftlichen Arbeiten noch jetzt häufig Probleme digitale Ausgaben zu finden, wenn sie nicht bei Elsevir o.ä. veröffentlicht wurden.
Warum auch immer, aber die Unis tun sich scheinbar extrem Schwer die Abschlussarbeiten, die ja so wie so in fast allen Fällen mittlerweile auch digital eingereicht werden müssen, auf ihren Homepages zu veröffentlichen.


Ok ich glaub jetzt hast mich falsch verstanden... ich will nicht seine Arbeit lesen. Ich würd nur gern wissen über was er geschrieben hat. Der Titel scheint eigentlich immer auf. Auf der Bücherei-Homepage der Penn-State findet man wissenschaftliche Arbeiten aus 1972.... nur keine vom Herrn Bryan Litz. Das ist alles. Ich will ihm auch garnet die Kompetenz absprechen, wenn wer sich jahrelang beruflich und wissenschaftlich mit Flugkörpern die sich mit Mach 3 als Marschgeschwindigkeit bewegen und 40 km weit fliegen, werden die Auswirkungen wie Spindrift usw natürlich eine nicht unwesentliche Rolle spielen.

Das ist aber bei Geschossen in unsrem Umfeld nicht wirklich relevant. Was nutzts mir zu wissen dass der Spindrift auf 1000m das Geschoss 15cm nach rechts oben verzieht solange der Wind konstant aus Richtung 027 (bezogen auf die Geschosslängsachse) aufs Geschoss einwirkt. Richtig genau nix, weil das in der mitteleuropäischen Hobbyschützenpraxis net relevant ist. Wir haben weder Distanzen noch Möglichkeiten dazu, also stellt sich die Frage garnicht. Es bringt viel mehr und ist auch praxisnaher wenn ich statt zu rechnen, bei jedem Wind 50 Schuss in die Pampa jage und daraus eine Schusstafel ableite. Das ist mein Zugang zu dem Thema. Ich glaube daher auch nicht dass diese Ballistikbücher ausserhalb eines Hörsaales für Hobbyisten auch nur irgendwie hilfreich sind. Alles was wichtig ist, lernt man eigentlich bis zur Matura im Physikunterricht. Schiefer Wurf, Stokesreibung und Vektorrechnung. Damit kommst schon ziemlich weit, der rest ist Feintuning in der Umwelt.
Hier könnte Ihre Signatur stehen!!

Antworten