Physikalische Grundsatzfragen der Ballistik

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Bluefish
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Re: Physikalische Grundsatzfragen der Ballistik

Beitrag von Bluefish » Mi 16. Nov 2016, 16:56

HS911 hat geschrieben:Frage an die Golfer: Führt ein "flacherer Winkel" am Schläger zu mehr Backspin?


Antwort von einem Golfer - ja und das sind Wedges für kurze Distanzen

Die Schläger für weite Distanzen (Eisen mit niedrigen Nummern, Hölzer 2,3 und Driver) haben einen steilen Winkel und längere Schäfte als Wedges.

Die Distanz wird beim Golf durch die Auswahl des Schlägers eingestellt, der Schlag ist immer gleich. Deswegen braucht man so viele Schläger.

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Re: Physikalische Grundsatzfragen der Ballistik

Beitrag von Bluefish » Mi 16. Nov 2016, 17:05

impact hat geschrieben:
Bluefish hat geschrieben:Coole Frage @coolhand1980 - Die längere Distanz beim Golf mit steilem Schlägerkopf ergibt sich dadurch, dass die Kraftkomponente des Schlägers in Bewegungsrichtung beim steilen Winkel größer ist. Der Schlag wird beim Golf immer gleich ausgeführt. [...]


Die Problematik wäre aber zb bei einer Kanone die den Golfball abschießt die gleiche. Ob nun die angewinkelte Fläche des Schlägers die Geschwindigkeit des Balles in Horizontal- und Vertikalkomponenten aufteilt, oder ob das der Abschusswinkel des Rohrs der "Golfballkanone" erledigt (faktor horizontalkomponentel: cos(abschusswinkel zum boden), faktor vertikalkomponente: sin(abschw. z.Bod) ), ist im Effekt das Gleiche.


Nein, beim Golf ist es eben nicht das Gleiche wie bei der Kanone. Sondern das ist der Unterschied.

Eine Kanone oder Pistole hat unabhängig vom Anstellwinkel immer 100% der Kraft in Schussrichtung.
Beim Golf stellst du den Kraftanteil durch den Schlägerkopfwinkel ein - steil mehr, flach weniger Kraft in Schlagrichtung.

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impact
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Re: Physikalische Grundsatzfragen der Ballistik

Beitrag von impact » Mi 16. Nov 2016, 18:41

Ich gebe mich geschlagen ;)

Ich hab mir dann Billardkugeln vorgestellt, gerades Draufschießen im Vergleich zu außermittigem, bis hin zu gerade noch Streifen. Und Vor allem im letzten Fall ist klar, dass nur ein Bruchteil der Energie der ersten Kugel an die zweite abgegeben wird. So ähnlich wirds bei Golfschlägern wohl auch sein.

Ich bin ursprünglich, fälschlicherweise davon ausgegangen, dass der Schläger immer die gleiche Energie an den Ball abgibt, unabhängig vom Winkel der Trefferfläche des Schlägers.

hab dann noch ein interessantes Slowmotion Video gefunden:
[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=6TA1s1oNpbk[/youtube]

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Re: Physikalische Grundsatzfragen der Ballistik

Beitrag von Jo_Kux » Mi 16. Nov 2016, 19:31

Warum glaubt ihr ist Golf die 2t schwierigste Sportart? Weils so leicht ist, den Ball so zu treffen, dass er das macht was man will?
Flugbahnen von Golfbällen sind mit Geschossen nicht zu vergleichen, in keinster Weise
Aber ich glaub wir sind etwas OT ;-)
PS: Jegliche Diskussion führt ebenfalls zu einer sofortigen permanenten Sperre.

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Re: Physikalische Grundsatzfragen der Ballistik

Beitrag von impact » Mi 16. Nov 2016, 20:04

ich glaube mittlerweile ist es egal welche Sportart man betreibt, wenn man zur Elite gehören will muss man ca 5h am Tag, 5Tage die Woche für ~10+ jahre lange hart und effizient trainieren um vorne mit dabei zu sein.
Schwierig würde ich dann eher die Sportarten bezeichnen, die mit einem enorm hohen Aufwand oder Risiko verbunden sind (zB Fußball vs Kunstfliegen).
Zuletzt geändert von impact am Mi 16. Nov 2016, 20:05, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Physikalische Grundsatzfragen der Ballistik

Beitrag von Coolhand1980 » Do 17. Nov 2016, 08:32

Der Kraftanteil in Schlagrichtung oder woanders hin ist dafür ja egal. Wichtig ist die Richtung, in die sich der Ball bewegt. Frei nach der Impulserhaltung. Und dir grundsätzliche Frage, warum der Ball bei ca. 15 Grad Abflugwinkel am Weitesten fliegt, hab ich immer noch nicht gefunden. Dass das ganze mit dem Magnus Effekt zu tun haben muss, ist klar.
Ich hab, nach all den wissenschaftlichen Abhandlungen darüber, das Gefühl, dass man das mit dem Golfball einfach ausprobiert hat. Und bei 15 Grad macht man eben die meisten Yards und gut.
Sehr unbefriedigend für einen Physik Begeisterten wie mich...

Und es ist ganz einfach, warum Golf so ein schwerer Sport ist. -Find mal so einen kleinen Ball auf so einem riesigen Golfplatz! :-)

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Re: Physikalische Grundsatzfragen der Ballistik

Beitrag von BigBen » Do 17. Nov 2016, 08:43

Also wenn ich nach "physics of golf" und "physics of golf ball" google, kriege ich jede Menge interessante Resultate, z.B. die hier

http://www.real-world-physics-problems. ... -golf.html
http://www.tutelman.com/golf/design/swing3.php
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Re: Physikalische Grundsatzfragen der Ballistik

Beitrag von turrikan » Do 17. Nov 2016, 09:29

Coolhand1980 hat geschrieben:Der Kraftanteil in Schlagrichtung oder woanders hin ist dafür ja egal. Wichtig ist die Richtung, in die sich der Ball bewegt. Frei nach der Impulserhaltung. Und dir grundsätzliche Frage, warum der Ball bei ca. 15 Grad Abflugwinkel am Weitesten fliegt, hab ich immer noch nicht gefunden. Dass das ganze mit dem Magnus Effekt zu tun haben muss, ist klar.
Ich hab, nach all den wissenschaftlichen Abhandlungen darüber, das Gefühl, dass man das mit dem Golfball einfach ausprobiert hat. Und bei 15 Grad macht man eben die meisten Yards und gut.
Sehr unbefriedigend für einen Physik Begeisterten wie mich...


Hi,
schau mal hier, da ist das Thema gut und verständlich zusammengefasst:
http://www.tphys.uni-heidelberg.de/~huefner/PhysikUeberall/V08S.pdf

In der Realität des Golfspielens werden jedoch die Bälle, die besonders weit fliegen
sollen, unter einem wesentlich kleineren Winkel, eher unter 20° abgeschlagen. Warum?
Auch wenn Luftwiderstand und Auftrieb, die in den nächsten Abschnitten besprochen
werden, die obigen einfachen Überlegungen zur Wurfparabel modifizieren, gibt es noch
einen Grund, der in der Führung des Schlägers liegt. Im idealisierten Fall, wenn der Ball
genau zwischen beiden Füßen liegt, hat der Kopf des Schlägers nur eine
Horizontalgeschwindigkeit, die mit einem flachen Schläger zu einer Abschlagge-
schwindigkeit v0 und einem Abschlagwinkel von 0° führen würde. Erst durch die Abschrägung
(Loft) des Schlägers erhält der Ball einen endlichen Abschlagwinkel φ, der zu
einer reduzierten Anfangsgeschwindigkeit v0 ·cosφ führt. Betrachtet man die Weite L als
Funktion von v0, dann tritt ein zusätzlicher Faktor cosφ² auf, so dass die größte Länge
bei gegebenem v0 bei einem Winkel von ca. 25° erwartet wird.
I can resist everything except temptation.

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Re: Physikalische Grundsatzfragen der Ballistik

Beitrag von Blaine » Do 17. Nov 2016, 12:58

Coolhand1980 hat geschrieben:Und dir grundsätzliche Frage, warum der Ball bei ca. 15 Grad Abflugwinkel am Weitesten fliegt, hab ich immer noch nicht gefunden. Dass das ganze mit dem Magnus Effekt zu tun haben muss, ist klar.
Ich hab, nach all den wissenschaftlichen Abhandlungen darüber, das Gefühl, dass man das mit dem Golfball einfach ausprobiert hat. Und bei 15 Grad macht man eben die meisten Yards und gut.
Sehr unbefriedigend für einen Physik Begeisterten wie mich...

der magnus effekt hat direkt damit nix zu tun sondern verändert nur den idealwinkel im bereich weniger grade
lies dir das mal durch: https://de.wikipedia.org/wiki/Wurfparabel

den haupteffekt hat der luftwiderstand welcher sowohl die x als auch die y komponente des wurfobjekts beeinflusst weil er ja genau der bewegungsrichtung entgegenwirkt (lassen wir wind mal außen vor)

der ideale wurf (ohne luftwiderstand) setzt eine KONSTANTE x komponente voraus, weil ja niemand da is der bremst
die y komponente wird NUR von der gravitation beeinflusst und zwar genauso wie beim senkrechten wurf
daraus ergibt sie die maximale reichweite (unabhängig von V0) bei 45°

sobald sich aber die geschwindigkeit mit der zeit verändert (sowohl x als auch y komponente) muss der winkel zwangsläufig <45° werden

ist die physik begeisterung befriedigt ?! ;)

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Re: Physikalische Grundsatzfragen der Ballistik

Beitrag von Robiwan » Do 17. Nov 2016, 13:26

Coolhand1980 hat geschrieben:Der Kraftanteil in Schlagrichtung oder woanders hin ist dafür ja egal. Wichtig ist die Richtung, in die sich der Ball bewegt.


So einfach ist es leider nicht. Ich versuchs mal zu so zu erklären: Die Kraft welche vom Golfschläger auf den Ball übertragen wird, teilt sich beim auftreffen auf den Ball in zwei Komponenten. Kinetische- und Rotationsenergie. Letztere wirkt durch den Magnuseffekt als Auftriebskraft (entgegen der Gravitation). Die Rotationsenergie nimmt dabei zugunsten des Auftriebs so lange ab, wie halt Auftrieb erzeugt wird. Das Verhältnis der Kraftaufteilung hängt vom Winkel und der Überlappung des Auftreffens ab (Veranschaulichungsbeispiel: Kugel beim Billard).

Wird jetzt alles in Bewegungsenergie umgesetzt, hat der Ball eine hohe Geschwindigkeit, verliert diese aber aufgrund des höheren Luftwiderstands schnell wieder.
Geht alles in Rotationsenergie, bleibt der Ball stehen und dreht sich um die eigene Achse (was aber wegen des Tees nicht möglich ist).

Es geht also um die sinnvolle Kombination aus beiden, um die weiteste Strecke zu erreichen. Mit den entsprechenden Formeln und Differenzialrechnung, könnte man so das gemeinsame Maximum aus beiden Funktionen errechnen (Kurvendiskussion => 3. Ableitung, Maximumberechnung)
Zuletzt geändert von Robiwan am Do 17. Nov 2016, 13:28, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Physikalische Grundsatzfragen der Ballistik

Beitrag von impact » Fr 18. Nov 2016, 12:10

Um auf die Ausgangsfrage zurückzukommen, warum der weiteste Drive bei ~15° Abgangswinkel stattzufinden scheint, denke ich aber, dass wir die Antwort gefunden haben.
Nämlich aufgrund der Tatsache, dass bei zunehmend steileren Abgangswinkeln (<45°) aufgrund der Schlägergeometrie (Schlagfläche) zunehmend weniger Energie vom Schläger auf den Ball übertragen wird (schiefer elastischer Stoß).
Dass sich diese Energie dann noch weiter in Vorwärtsbewegungsenergie und Rotationsenergie (Magnus) aufteilt ist sicher richtig, aber ich denke in dem Fall nicht der dominierende Effekt.
Es ist eher die Frage den sweetspot zu finden bei dem:
1) der Abgangswinkel groß Genug ist (<45°) um eine möglichst hohe Flugweite zu erreichen
2) der Abgangswinkel klein genug ist um die Verluste aufgrund der schiefen elastischen Stoßes gering zu halten, welche mit zunehmender Abschrägung der Trefferfläche größer werden
( 3) noch ausreichend Backspin erzeugt wird ohne, dass dabei die Tefferfläche des Schlägers zu angewinkelt sein muss )

zu 2) wie gesagt, Vergleich Billardkugeln:
1) gerades Anspielen: 100% der Energie der ersten Kugel wird an die 2te Kugel abgegeben (bei einem vollständig elastischem Stoß)
2) außermittiges Anspielen bis gerade noch Streifen: nur ein Bruchteil von der ersten Kugel wird an die 2te abgegeben

...oder mit anderen Worten, würde man einen Schläger mit komplett gerader Schlagfläche (Normal zum Boden) nehmen, und das ganze System Golfer auf einer Plattform, Ball und Schläger um ca 45° nach hinten drehen (um einen Abgangwinkel von ca 45° zu erreichen) würde die Schussdistanz über der von einem unmodifiziertem Golfer mit passendem Schläger, für 15° Drive, liegen. Bei der Vernachlässigung von Luftwiderstand und Backspin, welche in dem Fall, denke ich, nicht die dominanten Faktoren sind.

Interessant wäre eine Tabelle mit Geschwindigkeitsmessungen, bei der Variation des Schlägers (Nummer / Eisen), entlang der Flugbahn, oder in Horizontaler Richtung plus Abgangswinkel bei gleichbleibendem "Schlägerschwung" (kin. Energie des Schlägers), um zu sehen wie hoch die praktischen Verluste bei stärker abgeschrägten Schlägern sind.

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Re: Physikalische Grundsatzfragen der Ballistik

Beitrag von Coolhand1980 » Fr 18. Nov 2016, 13:38

Ist interessant. Ich hab meinen Golfer Freund gefragt, wie das ist, wenn man nicht gerade steht, sondern den selben Schlag bergauf stehend ausführt. Die Weite wird dann auch kürzer. (Hole auf selber Höhe wie Abschlag, nur wurde dieser eben bergauf ausgeführt.)
Es ist auch so, dass Top Golfer einen flacheren Winkel schlagen, und damit weiter kommen. Also je schneller ein Spieler schlagen kann, desto sinnvoller ist das Verwenden eines flacheren Drivers.

Es muss folglich einen Zusammenhang zwischen dem optimalen Spin für den Auftrieb, als auch dem Steigwinkel geben, der so flach ist, dass der Spin möglichst lange seinen auftriebserzeugenden Effekt behalten kann, was anscheinend wieder mit der Fluggeschwindigkeit des Balls zu tun hat.
Das müsste man doch mit einer Formel ausdrücken können, oder?

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