trenck hat geschrieben: Di 28. Jun 2022, 21:00
Wieso phantasierst Du immer davon, dass Gold in einer Krisensituation "bedeutungslos" sei?
Herzlichen Dank für deine respektvolle Wortwahl. Zwar nicht genau die Worte, auf die ich normalerweise antworte, aber ich denke, du bist bloß verunsichert und dann neigt man eben zur Entgleisung.
Was mein kurzer Satz bedeuten sollte: Es gibt die sogenannte Maslow'sche Bedürfnispyramide, und da ist ganz unten, an der Basis, das Bedürfnis, physisch zu überleben. Weiter oben – aber du kennst ja nun den Suchbegriff, du findest sie schon, die Pyramide.
Der Besitz ist in jener Pyramide weiter oben angesiedelt, je nach besessenem Gut kann es sich um die Befriedigung des Sicherheitsbedürfnisses, eines Sozialen Bedürfnisses, etc. handeln. Gold (wie ähnliche, geldwerte Güter) fällt in diese Kategorien. Schmückst du dein Heim mit goldenem Besteck, weil es dir so gefällt, handelt es sich um ein individuelles Bedürfnis. Hältst du dieses Besteck, um deine Gäste zu beeindrucken, handelt es sich um ein Soziales Bedürfnis. Und hältst du dir das Besteck, um im Notfall etwas zum Tausch zu haben, ist es ein Sicherheitsbedürfnis.
Alle höheren Ebenen werden hinfällig, und zwar von oben nach unten, wenn untere Ebenen verletzt sind. Wenn dir also der Magen knurrt und du kaum mehr gehen kannst, die Denk- und Merkfähigkeit versagt, die Bilder vor Augen verschwimmen und der Kopf pocht wie verrückt, weil die letzte Mahlzeit schon lange zurückliegt, dann pfeift alles in dir auf deine "höheren Werte". Selbst wenn du das Besteck gekauft hast, weil es einfach nur schön war: Es fällt in seiner Wertigkeit auf die Befriedigung des Sicherheitsbedürfnisses und wird damit zum Mittel, das physiologische Bedürfnis nach Nahrung zu befriedigen. In dieser Situation kennst du keinen anderen Wert als eine warme Mahlzeit, alles Gold wird bedeutungslos im Angesicht des eigenen nahen Endes.
Und wenn du diese Werte nur angehäuft hast, um damit Güter, die der Befriedigung der Grundbedürfnisse dienen, zu erwerben, dann fällt der Trennungsschritt leichter, wobei der individuell wahrgenommene Wert dieses Tauschguts immer von dem, dem einzutauschenden Gut zugesprochenen Wert abhängt: Wenn der Hunger droht, vergisst man den letzten Handelskur und gibt der Forderung des Verkäufers nach. Das übrigens nennt man in den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften einen "Verkäufermarkt" – der Verkäufer kann verlangen, was er will, denn es gibt hinreichend Käufer für die angebotenen Waren. Ungefähr das ist es, was eine (wirtschaftliche) "Krise" ausmacht und das sollte mein kleiner Satz, der dir so viel Unbehagen bereitet hat, bedeuten.