Armin hat geschrieben:Verehrter Failboy, ich schlage submissest vor, ein bisserl Geld in die Hand zu nehmen, ein paar gute Bücher zu kaufen und das aus "Profil" und "Standard" gewonnene "Wissen" zu vergessen

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Das hätte besser funktioniert, wenn ich Österreicher wäre. Oder in Österreich leben würde. Oder vielleicht irgendwo anders leben würde, wo ich Profil und Standard zumindest theoretisch kaufen könnte. Mehr Glück beim nächsten Mal.
Ein "Allgemeines Ansteigen der Warenpreise" ist in einem Warengeldsystem unmöglich, weil das Warengeld - anders als das beliebig zu schöpfende "Fiat-Money" unserer Tage - nicht beliebig vermehrbar ist. Würden wir etwa mit Naturperlen bezahlen, könnten sich zwar die Preise der Güter relativ zuweinander ändern (Präferenzändeurngsabhängig), nicht aber "kollektiv" steigen oder fallen. Wie sollte das denn auch funktionieren?
Ihr Problem ist, dass es ein idealtypisches Warengeldsystem, genau so wie etwa einen idealtypisch rationalen Marktteilnehmer oder einen idealtypisch effizienten Markt, nur in abstrakten Modellen gibt. In der Praxis hat ein Gegenstand entweder überwiegend Warencharakter oder überwiegend Geldcharakter, niemals beides im gleichen Ausmaß. Getreide kann man zu Nahrung verarbeiten, Eisen zu Werkzeug und Kaliumnitrat zu Schießpulver. Gold kann man... naja, umtauschen halt.
In England hätte ich um 1640 für die gleiche Menge Brot, den gleichen Humpen Bier, das gleiche Pferd, das gleiche Clavichord, das gleiche Ausmaß ungelernter Hilfarbeit durch die Bank ziemlich genau sieben Mal so viel Silber hinblättern müssen wie 1520. So etwas ist, für alle praktischen Zwecke, eine allgemeine Preissteigerung. Alles andere ist akademische Hirnwichserei.
Historisch gab es (das war richtig bemerkt) zu Zeiten des Warengeldes nur eine "Inflation" - bedingt durch die spanischen Silberfunde in Übersee und die Beraubung der dort ansässigen Ureinwohner.
Altes Ammenmärchen. Die Hauptursachen der allgemeinen Inflation waren erstens die gesteigerte Silberförderung in Deutschland und zweitens die Ausbreitung des Osmanischen Reichs, die den (Venezianischen und sonstigen) Import von Waren aus Asien erschwert haben. Die Silberförderung in Amerika war ein Faktor, aber kein sehr Wesentlicher. Der Großteil des fraglichen Silbers hat Spanien nie verlassen.
Die "Geschichte der inflation" beginnt (von dem spanischen Sonderfall abgesehen) mit der Erfindung des Teilreservesystems Mitte des 19 Jahrhunderts. Richtig losgegangen ist es mit der Gründung der FED (1913) und dem Ende des Goldstandards mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs.
Auch falsch. Der erste dokumentierte Fall katastrophaler überregionaler Inflation war die erzwungene Drachmenentwertung unter Dyonisius 400 v. Chr. Die ersten zwei dokumentierten Fälle katastrophaler
transkontinentaler Inflation waren der Verfall des Denarius unter Aurelius unter der Verfall des Solidus unter Diocletian. Die Behauptung, dass Gold-, Silber- oder Kaurimuschelstandards eine langfristige Schwankung des Verhältnisses von Geldmenge zu Warenmenge auf magische Weise ausschließen würden, ist einfach nicht haltbar, ob das mit Ihren Propheten jetzt vereinbar ist oder nicht.
Die Inflation unter Aurelius ist interessant, weil die betreffenden Münzen bereits bei ihrer Einführung mehr Materialwert als Nennwert hatten, die römische Münze also von Anfang an in jeder Hinsicht Minus gemacht hat. Wenn sich Geld im wirklichen Leben so verhalten würde wie in den Simpeltheorien irgendwelcher Welterklärer in irgendwelchen Elfenbeintürmen, hätte die Kaufkraft dieser Münzen steigen und nicht abstürzen müssen.